„Politik Backstage“: Volkspartei-Kanzler Kickl?
Der Dreikönigstag 2025 war mehr als nur ein schwarzer Tag für die ÖVP. Der für Angehörige einer christlich-sozialen Partei hohe kirchliche Feiertag markiert in der Tat eine Zeitenwende. Es sind im Moment noch die kleinen Signale, die die für schwarze Ohren alles andere als frohe Botschaft künden sollen: In der Republik geben ab sofort die Blauen den Ton an.
Montagvormittag ist schon kurz nach halb zehn Uhr das „Auditorium“ in der Eingangshalle des Parlaments bis auf den letzten Platz gefüllt. Dort, wo sich gut 50 Kameraleute, Tontechniker und Journalisten drängen, ging zuletzt unter weitaus bescheidenerer Anteilnahme das „Pressefoyer“ des Kabinetts Nehammer-Kogler über die Bühne. Wann immer an einem Mittwoch zugleich eine Plenarsitzung und damit nolens volens Präsenzdienst auf der Regierungsbank anstand, kam die Minister:innenrunde von Türkis-Grün schon vor Sitzungsbeginn um acht Uhr früh im Hohen Haus statt im Kanzleramt zusammen. Danach versuchte im „Auditorium“ zumindest je ein türkises und ein grünes Mitglied für eines der oft mediokren Sitzungsergebnisse medial Gehör zu finden.
An diesem Montag Anfang Jänner ist nicht nur der Andrang unvergleichlich größer, der Regierungsanwärter in Blau hat es offenbar auch mit der Pünktlichkeit. Schlag zehn Uhr startet Herbert Kickl den Aufschlag zu Blau-Türkis, die Erste: Hoppla, jetzt komm ich, und das auf die Sekunde genau, zackig und ungewohnt verbindlich, ja für Kickl-Verhältnisse beinahe freundlich.
Wie meist, wenn er glaubt, dass es ums Eingemachte geht, liest Kickl sein Statement wörtlich vom Blatt. Der FPÖ-Mann gilt im Hohen Haus als herausragender Redner, dem auch politische Gegner schon aus handwerklichem Interesse in großer Zahl zuhören. Ohne einen Stapel mit Leuchtstift markierter Sprechkarten begibt er sich auch hier nicht ans Rednerpult, berauscht sich bisweilen aber derart an seinem vorbereiteten Skript, dass er gelegentlich auch über die Stränge schlägt. So kam und kommt es zu Sagern, die ihm dann lange nachhängen – wie etwa den „Fahndungslisten“ mit missliebigen Ministern und Politikern.
An diesem Montagmorgen spult Herbert Kickl das vorbereitete Skript für sein Rollendebüt auf Punkt und Beistrich exakt ab. Selbst zwei-, dreimal verhaltenes Lächeln sieht die blaue Regie für den Premierenauftritt offenbar vor. Schmeichelweich in der Form, ohne Wenn und Aber im Inhalt und nur mit einem einzigen Seitenhieb sucht Kickl seine Wunschrolle als erster blauer Kanzler anzulegen. „Wir glauben an dieses Land, wir glauben an unser Österreich, wir lieben es.“
Vier Mann hoch und ohne auch nur einen weiblichen „Aufputz“ im Mitarbeiter- und Medienteam präsentiert sich dann das Verhandlungsaufgebot für die erste blau-türkise Koalition. FPÖ-Chef Herbert Kickl, betont staatsmännisch und verbindlich. An Kickls Seite sein Chefökonom Arnold Schiefer, betont entspannt, aber zielsicher. ÖVP-Chef Christian Stocker, argumentativ unerschütterlicher Pflichtverteidiger seiner Partei, aber mehr denn je grimmig und stocksteif. An seiner Seite Klubobmann August Wöginger, noch nicht trittfest in der radikalen Rollenumkehr vom Kickl-Antipoden zum Kickl-Partner und sichtlich mitgenommen vom langen Verhandlungswochenende davor.
Insgesamt sechs Mann haben nach dem ersten erfolgreichen persönlichen Beschnuppern zwischen Christian Stocker und Herbert Kickl binnen rund drei Tagen ein Budgetsanierungspaket von 6,4 Milliarden sendefertig an die EU-Kommission in Brüssel gemacht.
Für die FPÖ am Milliardenpokertisch saßen Kickl-Büroleiter und NÖ-Landtagsklubobmann Reinhard Teufel,........
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