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Kräfte sammeln zwischen den Jahren : Besinnlichkeit ist kein nostalgischer Luxus, sondern eine Haltung

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Zwischen den Jahren, in den stillen Tagen nach Weihnachten und vor Neujahr, öffnet sich ein besonderer Zeitraum. Er gehört weder ganz zum alten noch schon zum neuen Jahr.

Diese Schwebe macht ihn so wertvoll. Während draußen oft eine winterliche Ruhe einkehrt und der Alltag langsamer wird, entsteht Raum für Stille, Besinnung und Besinnlichkeit – Qualitäten, die im restlichen Jahr häufig zu kurz kommen.

Stille ist in dieser Zeit mehr als nur das Fehlen von Geräuschen. Sie ist ein Gegenpol zur ständigen Erreichbarkeit, zum Lärm der Meinungen, Termine und Erwartungen.

Stephan-Andreas Casdorff ist Editor-at-Large des Tagesspiegels. Er kommentiert zumeist das politische Geschehen – in diesen stillen Tagen sinnt er darüber nach, wie der Blick nach vorn gelingt.

In der Stille können Gedanken auftauchen, die sonst überhört werden. Sie zwingt uns nicht, produktiv zu sein, sondern lädt dazu ein, einfach da zu sein. Gerade zwischen den Jahren darf Stille etwas Heilsames haben: Sie schafft Abstand zum Tempo der vergangenen Monate und schenkt dem Inneren Aufmerksamkeit.

Besinnung bedeutet, bewusst zurückzublicken. Das vergangene Jahr war geprägt von Höhen und Tiefen, von Erfolgen, Enttäuschungen, Begegnungen und Abschieden.

In der Besinnung geht es nicht darum, Bilanz im Sinne von Leistung zu ziehen, sondern um Verstehen. Was hat uns bewegt? Was hat uns verändert? Wofür sind wir dankbar, was möchten wir loslassen? Diese Fragen brauchen Zeit – und sie brauchen Ruhe. Zwischen den Jahren ist ein guter Moment, ihnen ohne Druck zu begegnen.

Wer sich Zeit genommen hat, das Alte zu würdigen, kann dem Neuen gelassener begegnen.

Stephan-Andreas Casdorff

Besinnlichkeit wiederum verleiht dieser Zeit ihre besondere Stimmung.........

© Der Tagesspiegel