© dpa/Gregor Fischer

Es ist nicht allein die Schande von Grevesmühlen, Rassismus grassiert überall. Es ist höchste Zeit für den viel beschworenen Aufstand der Anständigen.

Heute, 09:19 Uhr

Es ist ja nicht allein die Schande von Grevesmühlen. Es ist ja nicht nur der Angriff auf zwei Mädchen wegen ihrer Hautfarbe. Es ist ja nicht allein Mecklenburg-Vorpommern. Rassismus grassiert – er ist überall.

In der Öffentlichkeit kommt es immer wieder vor. Auf Stadtfesten wird es sichtbar, hörbar, aber nicht nur da. Sylt ist nicht vergessen. Es werden an vielen Orten rassistische Parolen gegrölt. Es wird der Hitlergruß gezeigt. Und die Polizei kommt nicht mehr hinterher. Was tun?

Das Händeringen auf hohem Niveau hat die Zustände weder aufgehalten noch verbessert. Da können Präsident, Kanzler, Länderregierungschefs reden, wie sie wollen – sie ändern damit nichts. Die Atmosphäre im Land jedenfalls nicht. Sie trübt sich ein. Vielerorts breitet sich ein gefährliches Gefühl aus: das Gefühl, abgehängt zu sein.

Und das Gefühl trügt nicht, die Fakten sagen es auch. Warum sonst beklagen die Menschen immer noch – nach all den Jahren des Klagens – die Wohnungsnot, die Bildungsnot, die Not bei Pflege und Gesundheit, die Not bei der Migration? Es wird Zeit für eine ehrliche Bestandsaufnahme – eine ehrliche wohlgemerkt, von der Politik angefangen. Was ist nicht erreicht, wie lange schon nicht, warum nicht? Was müssen wir tun, das zum Besseren zu wenden?

Damit verbunden ist die große Frage an das Land, an uns Deutsche: Wer wollen wir sein? Wie wollen wir sein? Ein Land, in dem Hass und Missgunst zu Hause sind? Rassismus grassiert, Antisemitismus. Eine Spaltung wächst. So gut geht es Deutschland nicht. Koalitionen verschiedener Farben haben viel versprochen, aber zu wenig gehalten.

Es wird Zeit, das zu ändern. Zeit, dem Amtseid zu seinem Recht zu verhelfen. Zeit, Schaden von der Bevölkerung in Deutschland abzuwenden. Grevesmühlen ist ein weiterer Weckruf. Wie sagt der Bürgermeister: Es ist auch an der Zeit, dass die Mehrheitsgesellschaft, die das Abdriften in rassistische Menschenbilder ablehnt, sich Gehör verschafft und Zeichen setzt. Ja, das müsste der Stadt ein Fest sein. Aber nur das. Es ist höchste Zeit für den viel beschworenen Aufstand der Anständigen.

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Nach Angriff auf zwei ghanaische Mädchen : Grevesmühlen ist ein weiterer Weckruf

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17.06.2024

© dpa/Gregor Fischer

Es ist nicht allein die Schande von Grevesmühlen, Rassismus grassiert überall. Es ist höchste Zeit für den viel beschworenen Aufstand der Anständigen.

Heute, 09:19 Uhr

Es ist ja nicht allein die Schande von Grevesmühlen. Es ist ja nicht nur der Angriff auf zwei Mädchen wegen ihrer Hautfarbe. Es ist ja nicht allein Mecklenburg-Vorpommern. Rassismus grassiert – er ist überall.

In der Öffentlichkeit kommt es immer wieder vor. Auf Stadtfesten wird es sichtbar, hörbar, aber nicht nur da. Sylt ist nicht vergessen.........

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