Berliner Gastronom über die Erhöhung der Mehrwertsteuer: „30 Prozent aller Restaurants werden schließen“
Wenn Bekim Ajvazi über Zahlen spricht, kann man sich viele davon leicht einprägen. Immer wieder notiert er auf seinem Kellnerblock wichtige Kennziffern, um die es im Gespräch gehen wird. Ajvazi arbeitet in der Pizzeria von Enzo Di Calogero, ist dort einer der Chefs. Brot und Rosen, so der Name, bietet in Prenzlauer Berg von Pasta über Fleisch und Fisch bis eben hin zu Pizza, italienische und mediterrane Küche an.
Weiße Tischdecken, Wassergläser, je eine Flasche Öl, je eine Flasche Essig, Parmesanbehälter: Die Mitarbeiter im Restaurant richten am späten Nachmittag Tisch für Tisch, um gerüstet zu sein. An diesem Freitagabend im Dezember erwartet das Restaurant mindestens 80 Gäste, die bereits reserviert haben. Insgesamt 125 Menschen würden hier bei Vollauslastung einen Platz finden.
Nur ein Wochenende zuvor habe das ganz anders ausgesehen, erzählt Ajvazi. Er spricht vom „schlimmsten Wochenende seit Jahren“ und korrigiert sich dann: „Es ist der schwerste Dezember seit Jahren.“ Trotz Weihnachtsfeiern, trotz Stammkunden.
Ajvazi vermerkt nun die Ziffern 1 und 9 auf seinem Block. „Wenn ab Januar 19 Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie gelten, wird es sehr schwierig für Arbeitgeber.“ Ajvazi arbeitet seit 27 Jahren im Brot und Rosen. Allzu viel Spaß macht ihm sein Job derzeit nicht. Die Mehrwertsteuererhöhung stelle für das Restaurant eine größere Herausforderung dar als die Corona-Pandemie. Da konnte man wenigstens noch auf Hilfe vom Staat zurückgreifen. „Aber jetzt hilft dir keiner“, sagt Ajvazi. Im Gegenteil: Ebendiese Pandemie-Hilfen müssen nun zum Teil zurückgezahlt werden. Hinzu kommt, dass ab Januar eine weitere Anpassung des Mindestlohns erfolgt. „30 Prozent“, notiert Ajvazi jetzt, „aller Restaurants werden schließen“, ist er sicher.
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Droht Berlin und Deutschland eine Pleitewelle in der Gastronomie? Thomas Lengfelder ist der Hauptgeschäftsführer des Berliner Hotel- und Gastronomieverbands (Dehoga). Im Gespräch mit der Berliner Zeitung sagte er kürzlich, dass von den bundesweit 220.000 Gastronomiebetrieben rund 15.000 die Mehrwertsteuererhöhung nicht überleben könnten.
Sicher scheint, dass sich die Restaurantlandschaft verändern wird. Das glaubt auch Serhat Aktas. Der Gastgeber der Weinbar und des Restaurants Der Weinlobbyist in Schöneberg rechnet mit weiteren Restaurantschließungen bis zum kommenden Sommer. Aktas selbst hat noch etwas länger Zeit, bis er die Mehrwertsteuer – voraussichtlich komplett – an seine Gäste weitergeben wird. Die ersten drei Wochen im Januar bleibt sein Lokal geschlossen.
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