Mehr als Karl Marx: Chemnitz und sein kulturelles Erbe
In Reiseführern wird Chemnitz oft mit Worten wie „Chemnitz ist keine Liebe auf den ersten Blick“ oder ähnlichen Worthülsen beschrieben. Besucher sollen vorgewarnt werden, dass sie keine reizende Altstadt wie in Görlitz und keine Kulturstadt wie Berlin erwartet. Wenn man dann noch in Betracht zieht, dass Chemnitz im Zweiten Weltkrieg zu 85 Prozent zerstört wurde, kann man ahnen, dass die touristische Vermarktung der Stadt keine leichte Sache ist.
Trotzdem hat Chemnitz den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025 erreicht. Das will ja etwas heißen, und es lohnt durchaus, sich die Stadt etwas näher anzusehen. Besucher erinnern sich meist als Erstes an den riesigen Kopf von Karl Marx, der der Stadt eine Zeit lang seinen Namen Karl-Marx-Stadt gab. Der 40 Tonnen schwere Kopf aus Bronze zählt zu den größten Porträtbüsten der Welt, immerhin ist er über sieben Meter hoch. Als der Kopf 1971 feierlich enthüllt wurde, nahmen 250.000 DDR-Bürger an den Feierlichkeiten teil, sogar der Urenkel von Karl Marx war mit dabei. Karl Marx selbst war nie in Chemnitz, deshalb war der Name irgendwie immer schon aufgesetzt.
Chemnitz und Bayern in Bundesliga auf Kurs
26.12.2023
•gestern
•gestern
31.12.2023
•gestern
gestern
Ähnlich wie Eisenhüttenstadt war Karl-Marx-Stadt als sozialistische Musterstadt geplant. Die breiten Alleen und die Vorzeige-Plattenbauten in der Innenstadt erinnern daran. Zeugnisse aus der Vorkriegsära sind eher rar gesät. Dazu zählt das Kaufhaus Schocken am Stefan-Heym-Platz, in dem heute das Staatliche Museum für Archäologie seinen Sitz hat. Erbaut wurde es in den 20er-Jahren von Erich Mendelsohn; prägnant ist die Fassade mit ihren horizontalen, halbrunden Fensterbändern, die wie ein Erker am Gebäude hängen. Der Stefan-Heym-Platz ist eigentlich gar kein Platz, sondern eine riesige, leere Fläche in der Innenstadt, die unwirtlich wirkt und Stadtplanern noch einige „kniffelig“e Planungsentwürfe abverlangt.
Nicht weit davon ist der Theaterplatz, der ohne einen einzigen Baum etwas trist und steinern........
© Berliner Zeitung
visit website