Staatliche Ballettschule: Wie Denunziantinnen eine Berliner Institution beschädigten
Folgende Liebesgeschichte landete vor Gericht. Sie beendete rabiat eine Karriere. Die Prozesskosten belasteten ab 2020 den Haushalt der Bildungsverwaltung, Ende 2023 sogar den der Berliner Zeitung. Ein Fall von Cancel Culture, der zugleich den Ruf einer Schule zerstörte.
Die Geschichte beginnt Ende 2012, als sich ein Ballettchef (45) und eine Studentin (19) bei Proben für eine Inszenierung verlieben. Sie senden einander entflammte Chat-Nachrichten – unschicklich, sicher. Doch nach dem Auftritt zu Silvester verlässt die Tänzerin die Schule, denn schon ab Januar 2013 ist sie beim Staatsballett engagiert. Erst dann werden die zwei ein intimes Paar und bleiben es über Jahre.
Die alte Liebe an der Staatlichen Ballettschule ist fast vergessen, die Tänzerin längst außer Landes, als der Vorgang 2020 zur fristlosen Kündigung des Choreografen, Tänzers und Ballettchefs Gregor Seyffert führt. Bis dahin hatte er 17 Jahre lang äußerst erfolgreich die künstlerischen Geschicke dieser Schule geleitet.
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gestern
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Man musste kein Kenner des deutschen Arbeitsrechts sein, um zu prophezeien: Dieser Rausschmiss wird vor Gericht scheitern. Kündigungsgründe lassen sich nicht Jahre später konstruieren. Aber die damalige Bildungssenatorin Sandra Scheeres und vor allem die mit dem Fall betraute Staatssekretärin Beate Stoffers, beide SPD, waren wild entschlossen, den Schulleiter und den künstlerischen Leiter der Ballettschule zu stürzen, koste es, was es wolle. Das Land Berlin verlor alle Prozesse. Zwei gegen Gregor Seyffert, fünf gegen den Schulleiter Ralf Stabel, beide im Rang von Professoren an der Schule.
Am Ende musste das Land die verweigerten Gehälter nachzahlen, mehr noch: Es zahlt sie bis heute, auch im Jahr vier nach der Kündigung. Nachfolger dürfen bislang nur amtieren. Der promovierte Tanzwissenschaftler Stabel und der Choreograf Seyffert betraten die Schule nie wieder. Sie gehen indessen wissenschaftlichen beziehungsweise künstlerischen Projekten nach.
Die Berliner Zeitung hat über die Vorgänge ausführlich berichtet, heute fragen Leser manchmal nach: Was ist eigentlich aus der Ballettschule geworden? Ist mein Kind dort gut aufgehoben? Das nämlich blieb im Gedächtnis, die Erinnerung an eine Skandalschule, der man nicht traut.
In Wahrheit lieferte nicht die Ballettschule den Skandal, sondern die Politik. Nur warum wurde die von Scheeres bis dahin hochgelobte Schule plötzlich in ein ruinöses Licht gezerrt, obwohl sie auf dem Weg zu internationalem Ansehen war? Obwohl sie jahrelang das Ranking um das beste berufliche Gymnasium Berlins anführte? Ihre beiden Leiter hatten den Bachelorabschluss eingeführt, das Landesjugendballett gegründet, Stars wie Polina Semionova engagiert, dafür gesorgt, dass ihre Schüler in aller Welt auftreten konnten – auch nach dem Schulabschluss.
Welches Delikt also........
© Berliner Zeitung
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