Zum 130. Todestag: Die „deutsche“ Seite des Robert Louis Stevenson
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Der Schriftsteller Robert Louis Stevenson war ein Held meiner Kindheit, denn posthum befreite er mich aus den engen Grenzen der DDR. Mit seinen Romanen, Novellen und Erzählungen führte er mich zu Orten, an die ich damals ohne ihn nie gelangt wäre, wie sein Geburtsland Schottland oder seine Reiseländer in Polynesien.
Mit ihm unternahm ich abenteuerliche Zeitreisen in vergangene Jahrhunderte. So grub ich beim Lesen von „Die Schatzinsel“ mit dem Gastwirtssohn Jim Hawkins auf einem fernen Eiland unter Palmen nach Piratengold. Mit dem Waisenjungen David Balfour und seinem Freund, dem Jakobiten Alan Breck Stuart, versteckte ich mich in „Entführt“ vor englischen Soldaten im schottischen Heidekraut. Auch sprang ich in „Das Flaschenteufelchen“ unvermittelt in das Leben des hawaiischen Steuermannes Keawe, als er in San Francisco eine Flasche aus milchweißem Glas kaufte. Gemeinsam starrten wir, hoffend und fürchtend, auf den unheimlichen schwarzen Schatten, der darin herumhüpfte.
In seinen Büchern grübelte mein Held oft über den seelischen Konflikt von Menschen nach, lichte und düstere Neigungen in sich zu vereinen. Mit Feder und Papier stand er armen Waisen, schottischen Freiheitskämpfern und weiteren Bedrängten bei und rückte mordlüsterne Seeräuber, habgierige Verwandte und andere Tunichtgute ins schlechteste Licht.
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20.10.2024
Erst Jahre später, die DDR gab es nicht mehr, entdeckte ich plötzlich unter schwierigen Umständen Stevensons „deutsche“ Seite, denn seine Schriften, die sich auf Deutschland bezogen, waren überwiegend auf Englisch erschienen. Die wenigen Übersetzungen ins Deutsche finden sich nur selten in Bibliotheken.
Das finde ich für deutsche Fans von Stevenson schade, denn die Beziehung des Autors zu Deutschland war sehr facettenreich. Laut einiger Biographen hatte er bereits als Kind 1862 und 1863 seine Eltern und andere Verwandte zu Kur- und Ferienreisen nach Deutschland begleitet. Er besuchte dabei erstmals Augsburg, Bad Homburg vor der Höhe, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Heidelberg, Koblenz, Köln, München, Nürnberg und Wiesbaden.
Offenbar empfand er seine Erlebnisse dort als angenehm, denn im........
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