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Flucht, Fiktion und Fernsehruhm

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10.12.2025

Martin Schwickert

Am Ende war es nur ein alter, rostiger Bolzen, der abbrach und dafür sorgte, dass die Weiche sich verstellte. Aber es war nicht irgendeine, sondern eben jene Weiche, die am Bahnhof Friedrichstraße das Ost-Berliner mit dem West-Berliner S-Bahn-Netz verbunden hat. Und so fuhren am frühen Morgen des 23. Juni 1984 127 Menschen aus dem Osten durch den eisernen Vorhang hindurch in den Westen der geteilten Stadt. Maxim Leo hat diesen fiktiven Vorfall zum Ausgangspunkt für seinen Roman „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ genommen, der nun von Wolfgang Becker verfilmt wurde. Es ist die letzte Regiearbeit Beckers, der Ende vergangenen Jahres kurz nach Schluss der Dreharbeiten gestorben ist. Und man könnte sich keinen besseren Regisseur für diesen Stoff vorstellen. Schließlich hat Becker mit „Goodbye Lenin“ (2003) deutsch-deutsche Filmgeschichte geschrieben und bewiesen, dass er Ost-West-Themen mit großer Umsicht und ebenso viel Humor behandeln kann.

Im Zentrum der Handlung steht Micha Hartung (Charly Hübner), der im Jahr 2019 eine der letzten Videotheken im Prenzlauer Berg betreibt. Ähnlich wie sein Laden, der mit DVDs aus längst vergangenen Filmepochen sowie einem Pappaufsteller der blutjungen Sophie Marceau bestückt ist und ihm gleichzeitig als Wohnung dient, wirkt auch der Besitzer wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Das ereignisarme Leben des Videothekars ändert sich radikal, als der........

© Aachener Zeitung