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„Wir hätten nicht gedacht, dass unser Buch in der Art ausgenutzt wird“

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19.03.2024

fluter.de: Wie habt ihr beide euch kennengelernt?

Elena Malisowa: Ich habe seit meiner frühen Kindheit Geschichten geschrieben. Als ich Studentin war, fing das russische Internet an, sich aktiv zu entwickeln. Es entstanden Webseiten, auf denen Menschen ihre eigenen Werke veröffentlichen konnten. Ich las diese Geschichten sehr gerne und fing an, selbst welche zu veröffentlichen. In einer solchen Community habe ich Katerina kennengelernt.

Euer Roman „Du und ich und der Sommer“ handelt von der Liebesgeschichte zweier junger homosexueller Männer in der Ukraine. Warum habt ihr gerade darüber geschrieben?

Katerina Silwanowa: Ich habe schon früh festgestellt, dass mir sowohl Jungs als auch Mädchen gefallen. Doch in der Literatur, die gedruckt wurde, fand ich mich nicht wieder. Eines Tages entdeckte ich die Selfpublishing-Plattform Ficbook und fing an, Geschichten zum Themenbereich LGBT zu lesen und dann auch darüber zu schreiben.

Elena Malisowa: Als Studentin hatte ich einen Nebenjob in einem Unternehmen und dort einen guten Freund. Er war schwul. Eines Tages erzählte er mir, dass er an HIV erkrankt sei. Damals kannte ich den Unterschied zwischen HIV und Aids nicht und bekam große Angst um ihn. Ich hatte dazu viele Fragen und wollte auch gerne mehr darüber erfahren, wie Schwule in Russland leben. Aber aus Angst, ihn mit meinen Fragen zu verletzen, suchte ich im Internet nach Informationen. Später habe ich dann auch mit meinem Freund selbst gesprochen, weil mir klar wurde, dass es ein Fehler gewesen wäre, es nicht zu tun. Seine und andere Geschichten haben einen sehr starken Eindruck auf mich hinterlassen. Ich verstand, dass ich nicht gleichgültig gegenüber ihrer Situation bleiben kann in einem Land, in dem der Schwulenhass immer größer wird. Deswegen schreibe ich darüber.

Der Großteil eurer Geschichte spielt in einem ukrainischen Ferienlager im Sommer 1986. Hier lernen sich die Protagonisten Jura und Wolodja kennen und verlieben sich ineinander. Warum gerade dort?

Katerina Silwanowa: Als ich noch klein war, Anfang der 2000er, gab es bei Charkiw ein verlassenes Ferienlager aus der Sowjetzeit. Meine Eltern und ich bekamen von Bekannten den Schlüssel zu einem der Häuschen und verbrachten dort eine sehr schöne Zeit. Die Erinnerungen an das, was ich dort gesehen habe, habe ich niedergeschrieben und mir vorgestellt, wie es wohl gewesen ist, als es noch nicht verlassen war.

Elena Malisowa: Als das Thema Ferienlager für uns feststand, wurde uns schnell klar, dass es besser wäre, über ein Pionierlager zu schreiben. Wir wollten eine Geschichte über die Erziehung zu Sowjetzeiten schreiben und über diesen inneren Konflikt zwischen den eigenen Gefühlen und dem Menschenbild, das im Ferienlager vorgegeben wurde. Denn darin gab es keinen Platz für Homosexualität.

„Du und ich und der Sommer“ ist im Blanvalet Verlag........

© Fluter


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