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„Karl May war ein Influencer seiner Zeit“

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24.06.2024

Der Schriftsteller Karl May (1842–1912) ist umstritten: Einerseits reproduzieren seine Bücher Klischees über amerikanische Indigene, den Nahen Osten und den Balkan. Andererseits ist er seit Ende des 19. Jahrhunderts einer der meistgelesenen deutschsprachigen Schriftsteller, mit denen viele Menschen hierzulande ihre Kindheit verbracht haben. Die Autor*innen Enis Maci und Mazlum Nergiz haben May erst als Erwachsene kennengelernt – und entdeckt, dass einige seiner Schauplätze sich mit ihren Biografien kreuzen.

fluter.de: In eurem Buch erzählt ihr, dass Karl May in eurer Kindheit keine Rolle spielte. Jetzt habt ihr mit Anfang 30 ein Theaterstück und einen begleitenden Essay über ihn geschrieben. Was war der Auslöser?

Mazlum Nergiz: Enis hatte mir um Weihnachten 2016 vom Cover des Magazins der Deutschen Bahn erzählt. Der Schauspieler Wotan Wilke Möhring war darauf als Old Shatterhand verkleidet abgebildet. Es ging um ein Remake von „Winnetou“ (der dreiteilige Fernsehfilm „Winnetou – der Mythos lebt“ lief um Weihnachten 2016 auf RTL, Anm. d. Red.).

Enis Maci: Vorher hatte ich zwar von Karl May gehört, wusste, dass es Winnetou gibt und May ein ominöses Buch geschrieben hat, das in Albanien spielt, aber mehr nicht. Dann kam dieses Cover mit dem Titel „Jeder Mann braucht einen Blutsbruder“. Das war der Anfang unserer Recherche und von allem, was folgte: Wir haben das Karl-May-Museum in Radebeul besucht, waren bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg und an den Originalschauplätzen der Winnetou-Filme in Kroatien.

Mazlum Nergiz: Mit Beginn dieser Recherche habe ich mich zum ersten Mal bewusst mit seinen Texten und den Karl-May-Verfilmungen auseinandergesetzt. Für mich war May am Anfang selbst eine Projektionsfläche. Ich wusste, dass er sich mit dem „wilden Kurdistan“ beschäftigt hat, dass Jesiden auftauchen …

Enis Maci: … dass Leute ihre Kinder seinetwegen als Indigene verkleiden.

Mazlum Nergiz: Als wir einmal begriffen hatten, was für ein großes Themennetz sich um Karl May spannt, wurde es interessant. Wir beschlossen, unsere eigene Landkarte zu zeichnen.

Enis Maci: Das Buch erzählt gewissermaßen die Geschichte davon, wie wir an dem Thema hängen bleiben. Im Theaterstück geht........

© Fluter


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