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Bye bye Europa? Trump und J.D. Vance wollen sich auf China konzentrieren

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25.07.2024

Nachdem Donald Trump Senator J.D. Vance als seinen Vizepräsidentschaftskandidaten nominierte, waren sich deutsche Beobachter einig: Vance sei „schlecht für Europa“, las man stellvertretend in der Rheinischen Morgenpost, denn er teile „Trumps isolationistische Weltsicht“. Diese Sorge wird auch jenseits des Atlantiks geteilt, nicht zuletzt in Vance’ eigener Partei. Der in den letzten dreißig Jahren dominante interventionistische Flügel der Republikaner sei über Vance’ Nominierung „zu Tode erschrocken“, hieß es in Politico, denn diese verheiße eine Rückkehr zur „isolationistischen“ Vergangenheit der Grand Old Party.

Ist da etwas dran? Immerhin sagte Vance noch im Februar 2022 in einem Interview mit dem ehemaligen Trump-Vertrauten Steve Bannon, „es interessiert mich ehrlich gesagt nicht, was auf die eine oder andere Art mit der Ukraine geschieht“. Eine größere Priorität habe für ihn, dass unter Joe Biden die amerikanisch-mexikanische Grenze weit offen stünde. Und auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar dieses Jahres betonte Vance, man müsse „amerikanische Interessen priorisieren“.

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Aber der Vorwurf des vermeintlichen Isolationismus von Trump und Vance ist sowohl absurd als auch unhistorisch. Weder agierte Donald Trump während seiner ersten Präsidentschaft so, wie man es von einem „Isolationisten“ erwarten würde, noch gibt er während des jetzigen Wahlkampfs Hinweise darauf, sich in einer möglichen zweiten Amtszeit nur auf den nordamerikanischen Kontinent konzentrieren zu wollen. Auch viele jüngste Stellungnahmen von J.D. Vance deuten eher auf das Gegenteil hin.

Und den Begriff „Isolationismus“ kann man wahrlich ausschließlich nur in Anführungsstrichen schreiben, denn er ist allen voran ein ideologischer Kampfbegriff, mit dem die Falken des amerikanischen Establishments all diejenigen denunzieren, die nach Alternativen zum militärischen Eingreifen der USA in allen Regionen der Welt gleichzeitig suchen.

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Zunächst ein kleiner Exkurs in die amerikanische Geschichte: In den ersten Jahren der Republik war die Frage heiß umstritten, ob sich die junge Nation in die Konflikte Europas einmischen solle oder nicht. Thomas Jefferson wollte es, denn er sah den Geist der amerikanischen Revolution in dem der französischen fortgesetzt. Darum agitierte Jefferson für ein amerikanisches Eingreifen im Ersten Koalitionskrieg aufseiten Frankreichs.

Sein Mitrevolutionär George Washington widersprach aufs Schärfste und warnte davor, die USA in die immerwährenden Konflikte Europas zu verwickeln. Washingtons Warnruf wurde zur Staatsdoktrin. Sein Amtsnachfolger John Quincy Adams betonte 1821, die USA gingen „nicht ins Ausland, auf der Suche nach........

© Berliner Zeitung


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