Wie man mit 250 Prozent Inflation überlebt – ein Bericht aus Argentinien
Einige Tage nach dem Amtsantritt des neuen argentinischen Präsidenten Javier Milei ging ich in ein Café und fragte an der Kasse nach einem Cappuccino. Als ich mich hinsetzte, kam die Kellnerin schnell auf mich zu und sagte, der Preis auf der Speisekarte sei alt und sie hätten keine Zeit gehabt, ihn zu ändern, der Kaffee sei jetzt fast zehn Prozent teurer. Das ist die Geschwindigkeit, mit der die Preise in Argentinien steigen.
Obwohl das Land die schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten durchmacht (2023 lag Argentinien in der weltweiten Inflationsstatistik an zweiter Stelle, hinter dem Libanon), fällt einem Touristen das vielleicht nicht sofort auf, wenn er durch die Straßen von Buenos Aires schlendert: Restaurants und Cafés sind voll, in den Supermärkten gibt es endlose Schlangen und die Karten für Konzerte internationaler Künstler sind innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Es ist nicht das typische Krisenszenario, sondern eher eine dystopische Realität.
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Der Konsumrausch ist für diejenigen, die ihn sich noch leisten können, ein Symptom für die grassierende Inflation. Im Januar stiegen die Preise um schwindelerregende 20,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat und um 254,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – der höchste Anstieg seit 1991. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Focus Market stiegen die Preise für Reis im Januar im Vergleich zum Vorjahr um 581 Prozent, für Konserven um 521 Prozent, für Schokolade um 460 Prozent und für Zucker um 410 Prozent. In nur drei Monaten stiegen die Preise für Kraftstoffe im Durchschnitt um 172 Prozent.
Die Inflationsdynamik Argentiniens überhitzte im zweiten Halbjahr 2023, angeheizt durch den langwierigen Wahlprozess, der mit den Vorwahlen im August begann und mit der zweiten Runde im November endete, und durch die Unsicherheit, die eine Regierung Milei mit sich brachte. Ende 2023 schickten die Lieferanten den Einzelhändlern Listen mit Preiserhöhungen von 20, 30 und sogar 40 Prozent von einer Woche zur nächsten, und das mehrmals im Monat.
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28.02.2024
29.02.2024
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•vor 4 Std.
Die CAME, die Kammer, in der die kleinen und mittleren Unternehmen des Landes zusammengeschlossen sind, meldete für den Dezember, der mit Blick auf Weihnachten und Neujahr ein wichtiger Monat ist, einen Rückgang des Verbrauchs um 13,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Rückgang betraf vor allem die Kategorie Lebensmittel. Das Ergebnis lässt sich in den Regalen ablesen: ein Mangel an Waren, die Bevorzugung weniger bekannter Marken und ein Rückgang der Verbraucherausgaben.
Ein Symptom für die Spannungen zwischen Lieferanten und Einzelhändlern zeigte sich kürzlich, als die französische Supermarktkette Carrefour begann, Zettel mit dieser Aussage aufzuhängen: „Dieses Regal schützt Ihre Geldbörse. Das Angebot wird durch........
© Berliner Zeitung
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