Von den Sockeln?
sagt Ciani-Sophia Hoeder
Einfach vom Sockel holen und ins Wasser schmeißen. Das klingt – zugegeben – ganz gut, gibt tolle Fotos und fühlt sich bestimmt befreiend an. Nur muss ich alle Denkmalstürmer*innen leider ernüchtern: Die Statuen von Kolonialherren können wir einfach aus der Öffentlichkeit radieren, strukturellen Rassismus nicht. So bleiben Denkmalstürze meiner Meinung nach ein symbolischer Akt.
Denn der tiefgreifende Rassismus sitzt nicht in einer Messingfigur, sondern in unserer politischen Vermittlung, in mangelnder Aufarbeitung, in einem einseitigen Diskurs. Oder auch in der Tatsache, dass die Absichtserklärung Deutschlands, sich bei Namibia für den Völkermord an den Herero und Nama während der Kolonialzeit entschuldigen zu wollen, als gute Nachricht gefeiert wird – während die Bundesregierung echte, finanzielle Entschädigungen seit Jahren ausschließt.
Mir schwirrt da sofort meine Oberschullehrerin durch den Kopf, die uns eine Glückskeksweisheit einhämmerte, die so pathetisch wie richtig ist: Geschichte wird erzählt, damit sie sich nicht wiederholt. Warum zerstören wir etwas, das wir dringend debattieren müssen? Ich glaube, mit Kurzschlüssen wie den Denkmalstürzen gelingt es Deutschland seit Jahrzehnten, seine historischen Amnesien aufrechtzuerhalten. Die deutsche Dekolonialisierung ist ein Thema, das ich in Geschichtsbüchern vermisse, egal wie viele ich durchblättere.
Geschichte erklärt uns die Gegenwart. Die Rassisten, die wir auf Podeste stellen, haben Schwarze Menschen über Jahrhunderte entmenschlicht, ausgegrenzt und beeinflussen damit ihr Leben in der Bundesrepublik bis heute. Ich bin dafür, dass wir ihre Statuen zum Anlass nehmen, uns „umzuerinnern“ – also nachhaltige Strukturen aufzubauen, die die Personen auf den Sockeln, unsere eurozentrische Geschichtsvermittlung und die........
© Fluter
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