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Zum Ende der EM in Deutschland : Mit Applaus und Beigeschmack im Abgang

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15.07.2024

© dpa/Christoph Soeder

Die EM 2024 ist gewiss kein „Sommermärchen 2.0“ gewesen, aber auch kein Albtraum, eher so ein Kabinett der Kuriositäten. Und eine Ode an die echte Fanliebe. Eine Betrachtung zum Ende des Turniers.

14.07.2024, 14:33 Uhr

Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, aber erst als in Berlin ein überdimensionales Fußballtor aufgestellt und die Straße des 17. Juni mit 24.000 Quadratmeter Kunstrasen ausgelegt wurde, meldete sich mein Erinnerungsvermögen zaghaft zurück: „Europameisterschaft, stimmt, da war ja was …”

Tatsächlich schien es vielen ähnlich zu gehen, denn nicht wenige realisierten erst kurz vor Beginn der eigenen Heim-EM, dass die nächste große Fußballparty steigen sollte. Als habe die Pandemie uns in einen tiefen Dornröschenschlaf versetzt, aus dem wir alle ganz kurz aufschreckten, als wir träumten, die WM 2022 habe in Katar stattgefunden.

So richtig wach wurden wir alle erst, als der selbsternannte „Balkon-Ultra“ mit einem musikalischen Plädoyer für die Entkriminalisierung von Pyrotechnik die sozialen Medien wach rüttelte und der Begriff „Sommermärchen 2.0“ in allen prominenten Sport- und Nachrichtensendungen Hochkonjunktur hatte und den Erfolg von 2006 künstlich reproduzieren wollte: Deutschland sollte im eigenen Land Europameister werden.

Jessy James LaFleur ist großer Fußballfan, auch vom kleinen VfL Wolfsburg. Die gebürtige Ostbelgierin stand mit ihrer dreisprachigen Poesie in mehr als 30 Ländern auf der Bühne und ist die Gründerin der europaweiten Literaturintiative „Angeprangert! Spoken Word”, die 2020 die Auszeichnung „Kultur und Kreativpiloten Deutschland“ erhielt.

Zunächst mussten wir aber feststellen, dass einige Menschen in diesem Land wieder im Jahre 1933 zu leben scheinen, was wenige Wochen zuvor aus einer verkorksten Europawahl hervorging und jegliche Vorfreude auf die nächste große Fussballparty zu dämpfen schien.

Durfte man bei solchen Wahlergebnissen jetzt noch ein Nationaltrikot tragen oder eine Landesflagge auf dem Balkon hissen?

Die Frage schien ganz Deutschland in drei Lager zu........

© Der Tagesspiegel


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