Halligalli im Ex-Kaufhaus: Ist das jetzt die Zeitenwende im Einzelhandel?
Der Fußboden ist ein Traum. Strapazierfähiger Kunststoff, total glatt auf riesigen insgesamt 8000 Quadratmetern. So ein richtiger Rollschuhläufer-Traum, keine Spalten, keine Höhen und keine Tiefen, kein Holpern. Die Mühelosigkeit der Ebene. „Perfekt zum Einfach-schnell-Drübersausen“, sagen Stefanie Meier und Kerstin Wandrei. Die Malermeisterin und die Alltagsunterstützerin flitzen in eleganten, großen Schwüngen immer schneller, immer glücklicher eine Runde um die andere durch das leer stehende Erdgeschoss im Schloss-Straßen-Center am Walther-Schreiber-Platz in Friedenau.
Traumhaft war das Leben dieses Fußbodens schon vorher. Auf ihm standen und liefen bis zu 2000 Kundinnen mit riesigen Einkaufsbeuteln am Eröffnungstag des Primark-Warenhauses 2012. Frauen im Shoppingtaumel. Zwölf Jahre ist es her, dass Primark, bekannt für den Verkauf besonders billiger Klamotten, seine erste Filiale in Berlin eröffnete. Auch Stefanie Meier und Kerstin Wandrei kauften dort gerne ein.
Schluss mit der guten Stimmung war im März 2023, vor 15 Monaten. Primark schloss, die Zahl der Käuferinnen war zu sehr gesunken. Nachdem der Ankermieter futsch war, hatte das schnell negative Konsequenzen für das komplette Center. Kurz darauf schloss auch Cyberport, Primarks Nachbar. Ebbe im Erdgeschoss: Der Elektronik- und Technikmarkt war das Paradies der männlichen Kundschaft gewesen. Die kam auch nicht mehr.
Einzelhändler vor ungewissem 2024
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Als alles herausgetragen worden war, vom T-Shirt auf der Verkaufsfläche bis zum Schreibtisch im Büro, blieb nur noch der Fußboden in den großen Räumen. Draußen am Center die Schaufenster ohne irgendetwas zum begehrlichen Betrachten darin, drinnen die heruntergelassenen, silberfarbenen Jalousien, vereinzelt Käufer für die Läden im Untergeschoss.
Leerstand, Schlimmeres kann es nicht geben auf Gewerbeflächen. Und keine neuen Mieter. Anfang dieses Jahres war dann die Nachricht der Insolvenz des gesamten Schloss-Straßen-Centers keine Überraschung mehr. Die Rolltreppen standen still, fuhren nicht mal mehr abwärts. Gespenstisch. Ein neuer Käufer mit Ideen wird gesucht.
gestern
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Die Konsum-Krise fasst Jörn Oltmann (Bündnis 90/Die Grünen), der Bürgermeister des Bezirks Tempelhof-Schöneberg, so zusammen: „Wir erleben zurzeit eine dramatische Situation im Einzelhandel. Die Konsumgewohnheiten verändern sich sehr stark, man bestellt im Internet, es wird weniger und gezielter gekauft.“ Der Walther-Schreiber-Platz stehe exemplarisch für eine Entwicklung, „die mit Ausweitungen von Verkaufsflächen begann. Dann wurde aber das Angebot nicht mehr in diesem Ausmaß wahrgenommen.“ Tatsächlich waren in einem Teil der Schloßstraße laut Daten des Unternehmens Hystreet, das permanent Passantenströme in allen großen Einkaufsstraßen des Landes erfasst, im ersten Quartal dieses........
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