Trabrennbahn Karlshorst: „Hinter dem Rücken der Anwohner passiert Ungeheuerliches“
Eine kühle Insel im heißen steinernen Berlin, ein seltenes, wertvolles Biotop, ein Stück urbanes Zuhause voll von wucherndem Grün, belebt von Tieren – ein herrlicher Ort für Menschen in einer rasant wachsenden Stadt. Das Gelände der Trabrennbahn Karlshorst umfasste 2004, beim Verkauf aus Treuhandbeständen an den Verein Pferdesportpark (PSP), noch 37 Hektar – 54 Cent für einen Quadratmeter zahlten die Betreiber damals, als sie den Zuschlag erhielten – unter der Auflage, die Nutzung für Pferdesport und Freizeit zu erhalten. 200.000 Euro für 37 Hektar in allerschönster Lage.
Etwa die gleiche Fläche aus dem alten Rennbahnareal war zuvor schon zum Neubau des Quartiers Carlsgarten freigegeben worden – diese Siedlung netter Einfamilien- und Reihenhäuser rückte der großen grünen Oase von Osten als erste auf die Pelle.
Seit 2004 hat sich auch auf der Trabrennbahn die Welt immer wieder verändert. 2012 übereignete eine Treuhand-Nachfolgegesellschaft ein Teilgelände an die bayerische Krause Bauträger-Holding. Kaum war die zehnjährige Spekulationsfrist verstrichen, verkaufte der Pferdesportpark 2015 Geländeteile an ein Zentrum für Inklusiven Pferdesport und Reittherapie, nun für 17,79 pro Quadratmeter.
2016 ging ein weiterer Teil an den Betreiber des Wettbüros Eike Albers; 2020 folgte der Verkauf des nächsten schönen Stücks an eine Entwicklungsgesellschaft, hinter der ebenfalls das Wettbüro Albers steckt, diesmal beide Brüder Eike und Nils. Alles ganz legal.
Sie wollen bauen, das geht aus einem abgeänderten Bebauungsplan hervor, den das zuständige Bezirksamt Lichtenberg und die Firma Ligne Architekten, die schon beim Bau des Carlsgarten dabei war, im Jahr 2021 vorlegten: Wie die Champignons auf der Wiese tauchen Punkte im Gelände auf – lauter Baublöcke, Fünf- bis Sechsgeschosser überwiegen, und dazu zwei Hochhäuser. Viele Bauten sollen allen Ernstes auf dem wertvollsten Streifen des gesamten Areals stehen – einem streng geschütztes Biotop.
Laut übergeordnetem Flächennutzungsplan darf an all diesen Stellen keinesfalls gebaut werden. Es sei denn, eine geschickt agierende Allianz von Interessierten bringt eine Änderung zuwege. Kurz: Da ist offensichtlich eine Großattacke auf die für Erholung, Pferdesport und Natur reservierte Fläche im Gang. Von Norden und Westen nehmen die Herren der Bauträume die Trabrennbahn in die Klemme.
Betrachten wir zunächst die jetzige Situation: Ein paar Schritte weg von der verkehrsreichen Treskowallee, schon steht man im Grünen. Selbst die alte Mauer zum ehemaligen sowjetischen Kasernengelände verschwindet fast im Buschwerk. An diesem Sommermorgen piepen die Vögel, Leute laufen mit Schubkarren oder Heugabeln umher, Pferde suchen Schatten, Sulkyfahrer drehen Übungsrunden, sonst ist es sehr, sehr ruhig. Schade eigentlich – mitten in den Ferien keine Kinder auf dem riesigen Gelände mit der potenziell höchsten Aufenthaltsqualität in ganz Karlshorst, kein Café unter lauschigen Bäumen.
Gleich........
© Berliner Zeitung
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