Verkehrsminister Volker Wissing reagiert mit drastischen Ansagen auf sein eigenes Versagen. Die Regierung insgesamt muss sich beim Klimaschutz anstrengen.

Eine Zeichnung des Karikaturisten Klaus Stuttmann zeigt Angela Merkel, wie sie zwecks Luftreinhaltung hinter einem Auto kniet und nahezu zärtlich dessen Abgase wegpustet. Das lustige Werk stammt von 1995. Merkel war damals noch Bundesumweltministerin und die Karikatur macht erstens die Nähe zwischen Politik und Industrie deutlich, vor allem aber auch, wie lange die Abgasbelastung in Deutschland schon ein ungelöstes Problem ist.

Die Klimaemissionen insgesamt sind vor allem in den letzten Jahren gesunken, unter anderem wegen des gestiegenen Anteils erneuerbarer Energien. Während viele Bereiche, beispielsweise der Gebäudesektor oder die Industrie, deutliche Verbesserungen beim Faktor CO2-Ausstoß erreichen konnten, hinkt der Verkehrssektor weit hinterher. Da kommt erstens wieder die eingangs erwähnte Merkel-Karikatur ins Spiel - die Politik mochte der Autoindustrie noch nie wirkliche strenge Grenzen setzen – und zweitens der zuständige Verkehrsminister Volker Wissing.

Der FDP-Politiker hat es bislang nicht vermocht, die Klimaziele im Verkehrssektor einzuhalten. Es gab zwar einen geringen Emissionsrückgang, aber der ist nicht Wissings Politik, sondern der abnehmenden Fahrleistung im Straßengüterverkehr zu verdanken. Der Pkw-Verkehr hingegen nahm weiter zu und Wissing, hilflos im CO2-Nebel der Auspuffabgase stehend, weiß sich in seiner Not nur einen Rat: Er schlägt Fahrverbote vor.

Man fragt sich, warum die Regierung nicht schon früher auf diese Idee gekommen ist und, analog zu Fahrverboten, auch den Strom in Privathaushalten abschaltet. Mehr Luftreinheit geht dann kaum noch. Aber Zynismus ist angesichts der ernsten Lage nicht angebracht.

Denn Fahrverbote, und seien sie nur auf Wochenenden beschränkt, führen zu gelähmten Städten, dem Wirtschaftsmotor drohen Aussetzer. Sie müssten kontrolliert werden, das wiederum bringt neue Debatten über den Datenschutz. Das alles sind Erfahrungswerte, die bei den Fahrverboten der Vergangenheit gewonnen wurden.

Wissing muss endlich seinen Job machen und beispielsweise den Schienenverehr stärken. Der Verkehrsminister allein kann es jedoch nicht stemmen, es braucht mehr Anstrengungen der gesamten Regierung. So warten die Autobauer seit Jahren auf klare Ansagen. Solange sie nicht wissen, ob beispielsweise der Diesel vielleicht doch noch eine Zukunft hat, können sie sich nicht ausschließlich auf sauberere Antriebe konzentrieren.

Zeit ist keine mehr. Wenn Wissing und die Ampel nicht schnell eine Lösung präsentieren, werden sich Gerichte der Sache annehmen. Förderlich wäre das vor allem dem Ansehensverlust der Regierung.

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Ohne Not Fahrverbot

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12.04.2024

Verkehrsminister Volker Wissing reagiert mit drastischen Ansagen auf sein eigenes Versagen. Die Regierung insgesamt muss sich beim Klimaschutz anstrengen.

Eine Zeichnung des Karikaturisten Klaus Stuttmann zeigt Angela Merkel, wie sie zwecks Luftreinhaltung hinter einem Auto kniet und nahezu zärtlich dessen Abgase wegpustet. Das lustige Werk stammt von 1995. Merkel war damals noch Bundesumweltministerin und die Karikatur macht erstens die Nähe zwischen Politik und Industrie deutlich, vor allem aber auch, wie lange die Abgasbelastung in Deutschland schon ein ungelöstes Problem ist.

Die Klimaemissionen insgesamt sind vor allem in den letzten Jahren gesunken, unter anderem wegen des gestiegenen Anteils erneuerbarer Energien. Während viele Bereiche, beispielsweise der Gebäudesektor oder die Industrie, deutliche Verbesserungen beim Faktor CO2-Ausstoß erreichen konnten, hinkt der Verkehrssektor weit hinterher. Da kommt erstens wieder die........

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