Wer wird heute noch Mönch? |
Zwischen vier und halb fünf Uhr morgens klingeln im fast 900 Jahre alten Stift Heiligenkreuz im Wienerwald die Wecker. Um 05:15 Uhr beginnt in der Stiftskirche das erste Gebet des Tages. Fünfmal täglich kommen die Mönche dort zusammen, manche Gebetszeiten folgen direkt aufeinander – Stunden des Betens und Schweigens und des gemeinsamen Singens lateinischer Choräle.
Pater Wilhelm Mauser und Pater Clemens Maria Spranger sind zwei von ihnen. Seit 5 Jahren leben und dienen sie im größten Kloster des deutschsprachigen Raums, dem Stift Heiligenkreuz. Zwischen gotischen Gängen, die an Hogwarts erinnern, und der alten Stiftskirche gehen die beiden ihrem Alltag nach. Sie sind überzeugt, ihre Berufung gefunden zu haben und versuchen, das Mönchsleben in die Gegenwart zu holen. Sie bespielen Social Media und erklären religiöse Ereignisse, von der Heiligsprechung bis zur Ernennung eines neuen Erzbischofs, und auch an kontroverse Themen wie „ProLife“-Kundgebungen trauen sie sich heran. Kritische Fragen halten sie aus und haben meistens eine überlegte Antwort parat, oft wirkt es so, als wäre jedes Wort präzise gewählt und abgesprochen.
Dass sie bei ihrer Kommunikation vorsichtig sein müssen, geben die Mönche offen zu. Sie wissen, dass jedes Wort nach außen mit Bedacht gewählt werden will – nicht nur, weil sie missverstanden werden könnten, sondern auch, weil sie sich angreifbar machen. In einer Zeit, in der viele die Kirche und den Glauben kritisch sehen, merken sie, wie schnell ein falscher Ton Reaktionen auslöst. Auch über eigene Fehler sprechen sie offen. In der Vergangenheit, sagen sie, sei manches unglücklich formuliert gewesen – teils zu verschlossen, teils zu belehrend, aber man habe sich oft auch „zu billig“ hergegeben und beim Versuch, zu gefallen, die eigenen Werte in den Hintergrund gestellt. Heute versuchen sie, offen und dialogbereit zu kommunizieren, ohne ihre Überzeugungen zu kompromittieren.
Immer mehr junge Menschen suchen nach dem Sinn des Lebens – sei es im Familienleben, in der Freizeit oder im Beruf. Besonders stark zeigt sich dieser Trend im Arbeitskontext: Laut der globalen Deloitte „Gen Z and Millennial Survey 2025“ geben 89 Prozent der Befragten der Generation Z an, einen Beruf mit einem tieferen Sinn zu suchen. Auch andere Untersuchungen bestätigen, dass junge Menschen zunehmend auf persönliche Erfüllung, Selbstverwirklichung und Werteorientierung achten. Eine Anfang 2025 veröffentlichte Studie im Journal Administrative Sciences zeigt, dass Millennials und Angehörige der Generation Z stärker nach intrinsischen Belohnungen wie persönliche Entwicklung und Beitrag zum Gemeinwohl streben. Dennoch führt nur für wenige von ihnen der Weg ins Kloster.
Heiligenkreuz hat rund 100 Mönche........