Ein Gesetz, zwei Bauern, zwei Ansichten

Das EU-Renaturierungsgesetz löste viel Unmut aus, vor allem in der Bauernschaft. Doch was steht hinter dieser politischen Auseinandersetzung? Warum findet es der eine Bauer gut und der andere Bauer schlecht? Wäre hier ein Kompromiss möglich? Wir haben bei zwei Landwirten nachgefragt – einem Großbauer mit Getreidefeldern und einem Bio-Landwirt mit Kühen.

Andreas Leidwein hört das Telefon nicht immer, denn er sitzt oft auf seinem Mähdrescher und beackert sein gepachtetes Land im niederösterreichischen Weinviertel. An diesem Tag habe ich Glück. Er hat gerade die Weizenernte eingefahren.

Leidwein hat die Landwirtschaft von seinen Eltern übernommen. Er baut Hart- und Winterweizen, Roggen, Sojabohnen, Mais und Sonnenblumen an. Ich frage ihn, was er für die Bio-Diversität macht: „Ich habe 20 verschiedene Blühmischungen ausgesät. Das soll mehr Insekten anlocken.“ Und es sprudelt weiter aus ihm heraus. Für ihn ist das Gesetz „Etikettenschwindel“. Niemand habe etwas gegen die Boden- oder Biodiversitäts-Strategie, aber er hält nichts von diesem Gesetz.

Landwirt Leidwein nennt eine seiner Befürchtungen: „Wenn man die Vernässung der Böden, also die Umwandlung von Ackerland in Grünland beziehungsweise Moore, wiederherstellt, dann haben nicht nur die Bauern ein Problem, sondern die ganze Bevölkerung“, sagt er. „Fragen Sie einmal in der Gegend Marchegg, was die von einem Anstieg des Grundwasserspiegels halten. Gar nichts. Denn die haben jetzt schon nasse Keller und das letzte Hochwasser ist noch nicht allzu lange her.“

Der Bauer aus Niederösterreich spricht an, was im Gesetz steht: „Der größte Nutzen für das Klima entsteht durch die Wiederherstellung und Wiedervernässung von Ackerland in Grünland“. Dabei handelt es sich in erster Linie um entwässerte Moorflächen. Dass das EU-Gesetz niemals Leib und Leben riskieren würde und Schlechterstellungen nicht vorsieht, lässt Leidwein nicht gelten. „Das glaube ich nicht, denn es müssen ja laut Gesetz 30 Prozent renaturiert werden. Das ist Fakt.“ „Dieses Gesetz wird nicht nur positive Auswirkungen für den Menschen haben“, ist er überzeugt.

Johann Schauer hat ebenfalls den Hof seiner Eltern in Oberösterreich übernommen. Er hat Bio-Rinder, Getreidefelder, ein Stück Wald. Er hat bereits von sich aus renaturiert. Ein Teich und sogenannte Bewegungskorridore, insektenfreundliche Hecken, Baumreihen und Wildblumenstreifen sind auf seinem Grund entstanden.

Ich rufe den „grünen“ Landwirt an und konfrontiere ihn mit den schwarzen Überzeugungen von Landwirt Leidwein. Schauer stellt gleich klar, dass er seine Parteizugehörigkeit bei den Grünen nicht in den Vordergrund stellen möchte, er sieht sich in erster Linie als Bienenbeauftragter und leidenschaftlicher Bio-Diversitätsbotschafter.

Zu Leidweins........

© Wiener Zeitung