Hans-Paul Nosko hat Rechts- und Staatswissenschaften studiert und lebt als Journalist und Glossist in Wien.

Es war Anfang der 90er Jahre, als ich an einem Seminar teilnahm, das der damalige stellvertretende Chefredakteur der "Wiener Zeitung", Thomas Pluch, zum Thema Drehbuchschreiben für Film und Fernsehen veranstaltete. Pluch, selbst ein bekannter Buch- und Drehbuchautor sowie Erfinder der Beilage "extra" der "Wiener Zeitung", wollte einem Rudel junger Schreiberlinge die Eigentümlichkeiten einer zu verfilmenden Geschichte vermitteln.

In der Einladung war vermerkt: "Nach Möglichkeit sollen die Teilnehmer eine Reiseschreibmaschine mitbringen." (Dies nur, um den analogen Geist dieser Zeit kurz auferstehen zu lassen.) Als Grundlage diente das Buch "Screenplay" des US-Drehbuch-Professors Syd Field, das wir am besten zuvor und am besten auf Englisch gelesen haben sollten.

Wir bezogen also für eine Woche Quartier in einem Salzburger Bildungshaus, wo wir den Unterschied zwischen Surprise und Suspense lernten, was ein Plotpoint ist, wohin dieser zeitlich gehört und was den Charakter eines Filmhelden ausmacht - hier sei es verraten: Es ist schlicht Action. Für immer im Gedächtnis bleiben werden mir Pluch’sche Merksprüche wie: "Eine gute Geschichte muss in fünf Sätzen erzählbar sein", oder: "Ein verhautes Drehbuch ist für immer verhaut - ein Theaterstück kann neu inszeniert werden".

Wir alle verfassten ein Exposé, wobei ein Kollege aus Deutschland das seinige für so gut hielt, dass er es nicht in der Gruppe vortrug, aus Angst, jemand könnte ihm seine Idee wegschnappen und damit einen Kassenschlager drehen. Ich habe seinen Namen allerdings nie im Vorspann unter "Drehbuch von ..." auf der Leinwand entdeckt. Aber vielleicht kommt da ja noch etwas.

Bei mir war’s die Geschichte einer Dreiecksbeziehung aus dem Journalistenmilieu, und ich bemühte mich, nur ja die wichtigste Regel überhaupt einzuhalten: Know your ending! Will heißen: Wenn du die erste Szene schreibst, musst du die letzte vor dir sehen - sonst funktioniert die Story nicht. Über diese These kann man streiten, ich finde, sie stimmt.

Das wirkliche Leben ist allerdings kein Film. Niemand schreibt uns ein Drehbuch - außer wir unbewusst selbst, wie der kanadische Psychiater Eric Berne meint. Aber für den Rest gelten andere Gesetze - und zum Glück weiß man selten, wie die Geschichten ausgehen. Die Geschichte dieser außergewöhnlichen und außergewöhnlich guten Zeitung hat nun bald ihr Ende gefunden, auch wenn viele von uns dies nicht glauben woll(t)en.

Ich möchte mich an dieser Stelle von Ihnen, hoch verehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, verabschieden in der Hoffnung, Sie stets gut unterhalten zu haben. Enden möchte ich mit dem Schluss eines meiner Lieblingsfilme, der in Pluchs Seminar nicht vorkam - "Das Leben des Brian" von Monty Python. Da singt Eric Idle, als er am Kreuz hängt und seinem sicheren Tod entgegenblickt, mit unnachahmlich britischem Humor: "Always look on the bright side of life." So werden wir das machen.

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Ich mache es wie Monty Python

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04.06.2023

Hans-Paul Nosko hat Rechts- und Staatswissenschaften studiert und lebt als Journalist und Glossist in Wien.

Es war Anfang der 90er Jahre, als ich an einem Seminar teilnahm, das der damalige stellvertretende Chefredakteur der "Wiener Zeitung", Thomas Pluch, zum Thema Drehbuchschreiben für Film und Fernsehen veranstaltete. Pluch, selbst ein bekannter Buch- und Drehbuchautor sowie Erfinder der Beilage "extra" der "Wiener Zeitung", wollte einem Rudel junger Schreiberlinge die Eigentümlichkeiten einer zu verfilmenden Geschichte vermitteln.

In der Einladung war vermerkt: "Nach Möglichkeit sollen die Teilnehmer eine Reiseschreibmaschine mitbringen." (Dies nur, um den analogen Geist dieser Zeit kurz auferstehen zu lassen.) Als Grundlage diente das Buch........

© Wiener Zeitung


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