„Politik Backstage“: Comeback von Kurz bitte warten, neue FPÖ-Verschwörungsfantasien
Wer dieser Tage Sebastian Kurz über den Weg läuft und diesen auf die Stunden nach dem Rücktritt von Karl Nehammer als Kanzler und ÖVP-Chef anspricht, dem gegenüber zückt der jüngste Altkanzler sein Handy, erzählen mehrfach teilnehmende Beobachter.
Kurz präsentiert seinem Gegenüber den Screenshot einer App, die das persönliche Wohlbefinden anhand von Parametern wie Puls, Blutdruck und ähnlichen Indikatoren misst. In den ersten Tagen des neuen Jahres weist die Feelgood-App höchstmögliche Werte von nahezu hundert Prozent aus. Mit Beginn des vergangenen Wochenendes gleicht der Verlauf jedoch einem dramatischen Börsenabsturz. Statt zuletzt permanent 98 Prozent weist die App plötzlich 18, 16 oder weniger Prozent des größtmöglichen Wohlbefindens aus. Sobald aber am Tag vor dem Dreikönigsfest Christian Stocker den Posten des ÖVP-Chefs und ÖVP-Koalitionschefverhandlers übernimmt, pendelt sich das Wohlbefinden des Handy-Aficionados wieder auf ruhige Feiertagswerte ein.
Für einen, der nach eigener Darstellung vor mehr als drei Jahren mit dem Kapitel Politik abgeschlossen hat und seither nur noch Unternehmer und Investor sein will, ist der dramatische Kurvenverlauf seiner Stresswerte ob eines politisch bewegten Wochenendes mehr als ungewöhnlich.
Spätestens seitdem ist für den letzten Ungläubigen in der ÖVP und weit darüber hinaus klar geworden: Sebastian Kurz hat mit der Politik noch lange nicht abgeschlossen. Denn das Faktum schmerzt mehr denn je, ausgerechnet auf Druck des ehemaligen grünen Koalitionspartners nach einer spektakulären Hausdurchsuchung (und neuem Belastungsmaterial in Sachen des Vorwurfs von Inseratenkorruption) von den ÖVP-Landeshauptleuten im Oktober 2021vor die Kanzleramtstür gesetzt worden zu sein. Schon rund um die für die ÖVP tückenreichen letzten beiden Wahlgänge zum EU-Parlament und zum heimischen Nationalrat lauerten Kurz und seine nach wie vor breit gestreuten Anhänger innerhalb der ÖVP auf die Chance, diese Scharte auszuwetzen.
Mit dem Rücktritt seines Nachfolgers nach Scheitern der Anti-Kickl-Koalition sahen Kurz & Co. das bislang bestmögliche Sprungbrett für ein Comeback von Türkis-Blau. Als Nachfolger Nehammers drängte sich niemand auf, der bei den Schlüsselkräften der Partei auf Anhieb überzeugte.
Aus dem Kurz-Lager ist zu vernehmen: Weit über die bislang in der ÖVP maßgebliche ÖVP-Niederösterreich hinaus habe sich lauffeuerartig der Ruf breit gemacht, nur Kurz könne einmal mehr die Partei aus dem Umfragetief und der drohenden tödlichen Umarmung durch die Blauen retten. Mit einer Neuwahl, danach umgedrehter Aufstellung am Siegerpodest zugunsten der ÖVP und damit einer Chance auf Türkis-Blau, die Zweite.
Kurz’ plötzliche Stresssymptome, so die en passant eingestreute Interpretation, seien daher kein Wunder. Sobald nach dem Wochenende mit der Kür Christian Stockers als Nehammer-Nachfolger dieser Druck nachgelassen habe, hätte sich auch das alte Wohlbefinden wieder schlagartig eingestellt.
Nicht nur in den westlichen ÖVP-Bundesländern erzählt man sich........
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