Die Suchthilfe-Ost-Geschäftsführerin Ursula Hellmüller sinniert in der Kolumne über Namen, unter anderem über jener ihrer Institution.

Häufig werde ich gefragt, warum die Suchthilfe Ost in Olten denn Suchthilfe Ost heisst. Bei der Frage wird insbesondere das Wort «Ost» stark betont. Und dann erkläre ich jeweils, dass die Suchthilfe Ost nicht nur für Olten zuständig sei, sondern für etwas mehr als den halben Kanton Solothurn.

Da der Kanton Solothurn sehr langgezogen ist, gibt es im Kanton zwei Suchthilfen: Die im Westen, welche sich «Perspektive» nennt, und eben die Suchthilfe Ost im Osten. Die Perspektive ist verantwortlich für die Angebote von Flumenthal über Solothurn bis nach Schnottwil und Grenchen. Und wir, die Suchthilfe Ost, von Gänsbrunnen über Olten und Gösgen bis ins Schwarzbubenland, also bis ins Dorneck. Für die Menschen im Dorneck mag es seltsam klingen zum Osten zu gehören, da diese sich doch verständlicherweise im Norden wähnen. Sie gehören aber trotzdem zur Suchthilfe Ost. Und eben das erkläre ich immer wieder.

Mit den Namen ist das sowieso immer so eine Sache. Den Namen der Suchthilfe ändern, das wollten schon viele, insbesondere Mitarbeitende. Der Begriff «Suchthilfe» sei langweilig und so negativ; und «Ost» sei unverständlich.

Was am Wort «Suchthilfe» negativ sein soll, ist mir schleierhaft. Etwas langweilig, das mag sein, aber zumindest weiss man, um was es geht. Wir könnten natürlich auch eine Agentur beauftragen, die uns einen neuen Namen kreiert. Also nicht nur einfach ein neuer Name, nein, ein neues Branding müsste es sein. Das würde viel Geld kosten und danach würden wir vielleicht bald «Option» oder «The possibilities» oder «more variants» heissen – ich müsste künftig den Inhalt hinter dem Namen und nicht mehr die geografische Lage erklären.

Die Sache mit den Namen beschäftigte mich auch schon. Mittels Heirat kann man sich einen neuen Namen zulegen. Wobei ich mir das nie vorstellen konnte; ich habe doch einen Namen, ich brauche keinen neuen. Wenn überhaupt, dann müsste es schon ein ganz besonders schöner Name sein – dieser ist mir lange nicht begegnet.

Doch kürzlich habe ich ihn, wenn auch nur kurz, gefunden, diesen schönen Namen. Eine Bekannte hat mir erzählt, dass in ihrer Kindheit jeweils ein Italiener im Quartier Getränke geliefert habe. Das war etwas ganz Neues, das gab es vorher nicht, es war eine Innovation! Die Leute mussten zuvor die schweren Glasflaschen vom Geschäft, indem sie diese erworben hatten, heimschleppen. Doch nun gab es diesen Italiener mit dem Lieferdienst. Und die Mutter hatte dann immer einen Tag, bevor der Italiener mit den Harassen und Flaschen kam, gesagt: «Wir müssen die leeren Flaschen rausstellen, morgen kommt Herr Acqua Minerale.» Meine Bekannte dachte eine ganze Kindheit lang, dass der Italiener «Acqua Minerale» hiesse. Sie hat erst Jahre später verstanden, dass das gar nicht sein Name war.

Acqua Minerale, Ursula Acqua Minerale, das würde mir gefallen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ich würde bei der Arbeit, wenn das Telefon klingelt, sagen: «Suchthilfe Ost, Acqua Minerale?» Das würde doch bestens passen, Suchthilfe und Mineralwasser scheint mir besser als Suchthilfe und Wein, auch wenn «Vino Rosso» ebenfalls ein schöner Name wäre, aber eben eine Schnapsidee respektive Weinidee.

Weil es den Namen Acqua Minerale gar nicht gibt und ich auch gar keinen anderen Mann will, bleib ich bei meinem Namen. Und die Suchthilfe bleibt vorerst auch bei Suchthilfe Ost. Schliesslich kochen wir doch alle nur mit Wasser: senza Minerale aber mit «many inspiration».

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Warum Suchthilfe Ost nicht Acqua minerale heisst

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08.06.2023

Die Suchthilfe-Ost-Geschäftsführerin Ursula Hellmüller sinniert in der Kolumne über Namen, unter anderem über jener ihrer Institution.

Häufig werde ich gefragt, warum die Suchthilfe Ost in Olten denn Suchthilfe Ost heisst. Bei der Frage wird insbesondere das Wort «Ost» stark betont. Und dann erkläre ich jeweils, dass die Suchthilfe Ost nicht nur für Olten zuständig sei, sondern für etwas mehr als den halben Kanton Solothurn.

Da der Kanton Solothurn sehr langgezogen ist, gibt es im Kanton zwei Suchthilfen: Die im Westen, welche sich «Perspektive» nennt, und eben die Suchthilfe Ost im Osten. Die Perspektive ist verantwortlich für die Angebote von Flumenthal über Solothurn bis nach Schnottwil und Grenchen. Und wir, die Suchthilfe Ost, von Gänsbrunnen über Olten und Gösgen bis ins Schwarzbubenland, also bis ins Dorneck. Für die Menschen im Dorneck mag es seltsam klingen zum Osten zu gehören, da........

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