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„In Gaza war ich wie ein toter Mensch“

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02.12.2025

Seine Geschichte beginnt eigentlich mit einer Entscheidung: Er habe das Leben gewählt. Das sagt Alon Ohel in seinem ersten Interview, das er dem israelischen Kanal 12 gibt. Er will alles erzählen und lässt die Kameras ganz nah an sich heran. Sogar in den Operationssaal vor seiner Augen-OP, in Momenten des Schmerzes, der Tränen. Er will, dass die Menschen wissen, was geschah. Er spricht frei heraus, so offen, als gäbe es keine Kamera.

Der 24-Jährige ist ein hübscher junger Mann. Er sitzt im Wohnzimmer seiner Eltern in der nördlichen Gemeinde Lavon.  Jeans, graues T-Shirt, barfuß, mit einem gepflegten Bart. Neben ihm steht ein Klavier. Alon Ohel, der neben der israelischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, wurde am 7. Oktober 2023 während des Hamas-Massakers vom Nova-Musikfestival verschleppt. 738 Tage war er in der Gewalt der Terrororganisation in Gaza. Die meiste Zeit davon in Tunneln.

»Ich hatte die Wahl, in jeder Sekunde, aufzugeben oder weiterzumachen. Und ich habe mich entschieden, weiterzumachen. Du kannst zusammenbrechen, weinen. Aber du darfst die Hoffnung nicht verlieren – das habe ich mir immer wieder gesagt.«

Die Aufnahmen in Kanal 12 erzählen auch von der engen Verbindung zwischen ihm und seiner Mutter Idit. »Es klingt seltsam, fast mystisch«, sagt er. Und doch sei es wirklich passiert – dort, in den unterirdischen Gängen tief unter der Palästinenserenklave. »Was sie gesagt hat, habe ich zur selben Zeit dort gesagt. Ich kann es nicht erklären.« Seine Mutter bestätigt: »Was ich sagte, sagte er. So war es. Nur wie – das wissen wir nicht.«

Der junge Israeli erinnert sich an den schwärzesten Tag der Geschichte seines Landes: Eine ganze Gruppe junger Leute vom Nova-Festival flüchtete sich vor den Raketen aus Gaza in einen Bunker. »Wir stehen dort – in dem heute als ‚Todesbunker‘ bekannten Raum – und denken: ‚Wo zur Hölle ist die Armee? Warum kommen sie nicht?‘ Die Raketen hören nicht auf. Dann kommen Handgranaten, die Terroristen schießen. Es war reiner Wahnsinn.«

Der damals 22-Jährige überlebt – und wird nach Gaza verschleppt. »Ich war voller Beton von dem explodierenden Bunker, Blut tropft unaufhörlich. Jeder Zentimeter des Körpers schmerzt. Ich bin an den Augen verletzt, sehe kaum........

© Juedische Allgemeine