„Die Zeit der Exzesse ist vorbei“ |
Die Berliner Buchautorin Ute Cohen (»Geschmack der Freiheit«) beschäftigt sich in ihrem neuen Buch »Glamour« mit der Ästhetik der verführerischen Selbstinszenierung. Dabei kommt sie auch auf die Vorstellungen von Moral, Authentizität und Erlösung in der modernen Gesellschaft zu sprechen. Im Interview erläutert sie ihre Ansichten und ihren persönlichen Hintergrund.
Frau Cohen, mit Ihrem Buch »Der Geschmack der Freiheit« haben sie den Einfluss der Kulinarik auf Lebensgefühl und Gesellschaft untersucht. Mit Ihrem neuen Werk »Glamour« rufen Sie das Jahr der Inszenierung aus. »Rätselhafte Schönheit sprengt jeden Konformismus« könnte das Motto lauten. Wie kommen Sie von der Küche ins Rampenlicht des provozierenden Glanzes?
(lacht) Ein herrliches Bild! Mit fettverspritzter Schürze hinein in den funkelnden Glamour? Nein, in meinem Kulinarik-Buch habe ich mich auf die Fährte der Vernunft gesetzt und in die Entstehungszeit der Restaurants während der Französischen Revolution begeben. Etwas aber fehlte mir da: dieser unerklärliche Augenblick, in dem die Ratio außer Kraft gesetzt wird, in dem wir uns verzaubern lassen. Sprengen möchte ich eigentlich gar nichts. Die ganze Welt schreit ja nach Disruption, erhofft sich durch irgendwas oder irgendwen den großen Big Bang. Ich dagegen sehne mich nach einem Moment, in dem die Welt stillsteht, einem Moment, in dem wir uns dem Konstrukt und der Magie des schönen Scheins hingeben. Das aber ist ein Wagnis in einer Gesellschaft, die alles unter Kontrolle haben will und Sicherheit zum Fetisch erhebt.
In Ihrem Werk geht es auch um Narzissmus und Opfer,........© Juedische Allgemeine