»In einer Welt ohne Israel kann ich nicht leben«
Herr Kahane, wie schätzen Sie als Künstler das gegenwärtige Diskursklima in der Kunstwelt ein? Worauf liegt der Fokus?
Wenn ich auf die größeren thematischen Ausstellungen – die documenta und die Venedig-Biennale – blicke, dann sehe ich einen starken Schwerpunkt auf Fragen nach Identität und Zugehörigkeit. Es gibt ein gesteigertes Konfliktbewusstsein und eine Hinwendung zu Fragen wie Aufklärung, Kolonialismus und Apartheid. Dazu kommt ein Bewusstsein für historische Schuld und historische Verantwortung.
Wie werden diese Themen verhandelt?
Mein Eindruck ist, dass es ein sehr hohes Maß an Idealismus gibt – und einen sehr geringen, schrumpfenden Anteil an materialistischer Analyse und Faktizität. So etwas wie institutionskritische Kunst hat eigentlich kaum noch einen Raum. Stattdessen ist ein starkes Bedürfnis zu beobachten, sich in der konflikthaften Welt zu orientieren und einen Platz einzunehmen. Die Konflikte rücken einfach wahnsinnig nah heran – auch an die eigenen Biografien.
Wie passt der in der Kunstwelt immer präsentere Antisemitismus in dieses Bild?
Man sucht sich einen Konflikt, der all diese Fragen scheinbar vereint. Ein Beispiel: Im Februar fand im Hamburger Bahnhof in Berlin Tania Brugueras 100-stündige Lesung von Hannah Arendts »Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft« statt. Die Performance wurde von einer Gruppe »propalästinensischer« Aktivistinnen gestört, die dort ein Banner hochgehalten und Besucher und Teilnehmer der Performance zusammengeschrien haben. Das war sehr aggressiv und gewaltvoll.........
© Juedische Allgemeine
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