»Der Tod war etwas Gegebenes« |
Als sich die Befreiung des Konzentrationslagers Flossenbürg im April zum 80. Mal jährte, hielt Emilia Rotstein eine Gedenkrede. Sie ist die Tochter des Holocaust-Überlebenden Leon Weintraub, und mit berührenden Worten erzählte sie von ihrem Vater, der unter den Gästen saß: wie er im Februar 1945 als Gefangener mit der Häftlingsnummer 82707 nach Flossenbürg kam und erlebte, wie sich ein Haufen von Menschenkörpern in Häftlingsanzügen über den Appellplatz bewegt. Um die Eiseskälte des Lagers auszuhalten, klammerten sich diese bibbernden und zitternden Gefangenen aneinander - wie an einen menschlichen Ofen.
Bei der Schilderung kämpften Vater und Tochter zugleich mit den Tränen. »Vergessen würde den Überlebenden abermals das Leben rauben«, sagte seine Tochter. Weintraub saß aufrecht, im Anzug mit Fliege unter den rund 1000 Gästen, ein Grandseigneur mit scharfem Verstand. Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt.
Weintraub, der polnische Jude, 1926 in Lodz geboren, hat immer wieder über diese für ihn ikonische Szene berichtet, weil sie etwas mit ihm gemacht habe: »Ich betrete den Appellplatz, und sofort kommen leichte Störungen und Vibrationen vom Boden über die Füße an meinen Körper. Es sind die Erinnerungen an diesen Haufen von Menschenkörpern in der Gefangenenzeit«, sagte Weintraub vor zwei Jahren in einem Interview. Der spätere Arzt emigrierte........