Das „Monster“ Bürokratie

Stand: 21.05.2024, 16:04 Uhr

Von: Stephan Hebel

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Die FDP stellt staatliche Regulierung gern unter den Verdacht der Gängelung. Genehm sind ihr Gesetze aber, wenn sie der freien Entfaltung des Kapitals und dem Wettbewerb dienen.

1Es ist in Wahlkämpfen nicht unüblich, dass politisch Verantwortliche ihr eigenes Intelligenzniveau mehr oder weniger knapp unterschreiten. Das gilt nicht nur für die FDP. Aber zumindest mit einer ihrer Parolen hat sie den Kern der gegenwärtigen Auseinandersetzungen über Wirtschaft und Haushalt perfekt banalisiert: „Europa lebt von Freiheit. Nicht von Richtlinien“, ist auf Plakaten zur Europawahl am 9. Juni zu lesen.

EU-Richtlinien sind so etwas wie Gesetze, übersetzt auf eine Bundestagswahl, könnte es also heißen: „Deutschland lebt von Freiheit. Nicht von Gesetzen.“ Was soll das dem verwaltungsgeschädigten Wahlvolk sagen? Demokratisch vereinbarte Regeln des Zusammenlebens, des Arbeitens und Wirtschaftens stehen im Gegensatz zur Freiheit, so die Botschaft. Denn Regeln und Regulierung, hier sind wir beim Lieblingsmotiv der „liberalen“ Propaganda, bedeuten „Bürokratie“.

Auf der Homepage der Partei ist zu lesen: „EU-Lieferkettenrichtlinie, EU-Verbrennerverbot, EU-Heizungsverbot, EU-Sanierungszwang – während die FDP in Deutschland den größten Bürokratieabbau in der Geschichte auf den Weg bringt, überzieht EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) mit ihren Unterstützern aus CDU und CSU unser Land mit immer neuen Bürokratiemonstern.“

Will heißen: Wenn Unternehmen verpflichtet werden, bei der Herstellung ihrer Produkte auf soziale und menschenrechtliche Mindeststandards zu achten; wenn die Umstellung des Klimatreibers Straßenverkehr auf weniger Emissionen angestrebt wird; wenn der Treibhausgas-Ausstoß von Gebäuden durch bessere Dämmung und erneuerbare Heizenergie reduziert werden soll – dann sind die entsprechenden Richtlinien, obwohl gemessen am Bedarf oft noch ziemlich zahm, für die „Liberalen“ gefährliche Bestien. Dass sich dieser Vorwurf nicht nur gegen die Christdemokratin von der Leyen richtet, sondern auch gegen die rot-grünen Partnerparteien in der deutschen Ampel, liegt auf der Hand.

Richtlinien versus Freiheit: Das ist natürlich Unsinn, zumal........

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