Hunderttausende gingen zuletzt in Deutschland auf die Straße. Was sagt das über unser Land? Einerseits nichts Gutes, weil sich die Leute offensichtlich nicht mehr anders zu helfen wissen. Andererseits haben sie sowohl in der Provinz als auch in den Großstädten demonstriert und damit gezeigt, dass auch diese Kluft nicht so groß ist, wie oft getan wird. Sie haben sich vom Sofa herunterbewegt, statt ihren Frust in den sozialen Medien abzuladen, und sich für etwas engagiert, das über die unmittelbare Bedürfnisbefriedigung hinausgeht: die Demokratie.
Gut war auch, dass Leute zusammen an der frischen Luft waren, die sonst kaum in Kontakt kämen. Die Neigung ist heute ja sehr verbreitet, alles auszuschließen, was einem nicht passt, sodass man am Ende nur noch mit sich selbst im Reinen ist. Dass in München die sehr weit links stehende Versammlungsleiterin nicht einmal die CSU bei der Demo haben wollte, ist ein Witz – auch so kann man die Grenzen des Sagbaren verschieben. Aber selbst im Umgang mit extrem Rechten sind Abgrenzungs- und Reinheitsrituale zweifelhaft. Der Frontmann der Band Frei.Wild, in seiner Jugend ein rechter Skinhead, hat kürzlich in der F.A.Z. gesagt: „Wenn man junge, politisch verirrte Leute zurückholen will, gibt es bessere........