Kaum haben sich die Wogen nach der CS-Sondersession ein wenig geglättet, startet schon die nächste. In der kommenden Woche versucht der Nationalrat während drei Tagen, den Pendenzenberg abzubauen. Zur Sprache kommt voraussichtlich eine Motion von Mike Egger, die vor allem bei der Ratslinken heftige Gegenreaktionen auslösen wird. Der SVP-Politiker fordert nicht etwa weniger Subventionen für die Landwirtschaft, wohl aber weniger Bundespersonal und Ausgaben für dasselbe.

In den vergangenen fünfzehn Jahren seien die Zahl der Bundesstellen und der Personalaufwand rund ein Fünftel gestiegen. Zudem sei der Durchschnittslohn in der Bundesverwaltung 15% auf 126 000 Fr. geklettert. Die Motion verlangt, dass der «Spardruck» erhöht und namentlich die Kosten innerhalb von vier Jahren auf das Niveau von 2007 zurückgeführt werden.

«Der Kapitalismus muss nicht überwunden werden, denn er existiert auch hierzulande nur beschränkt.»

Eine Mär bleibt eine Mär, auch wenn sie noch so oft und penetrant wiederholt wird. Dass der Staat in der Schweiz «kaputtgespart» wird, stimmt offenkundig nicht. Auch muss der Kapitalismus nicht überwunden werden, denn er existiert auch hierzulande nur beschränkt. Der Einfluss des Staats auf allen drei Ebenen dehnt sich vielmehr unaufhörlich aus, wie auch eine neue Studie von Avenir Suisse festhält.

Werden auch staatlich kontrollierte und staatsnahe Unternehmen wie SBB, Post und Energieversorger und das bloss in Ansätzen marktliberale Gesundheitswesen mit einbezogen, beschäftigt der öffentliche Sektor gemäss Berechnungen der liberalen Denkfabrik 950’000 Personen, in Vollzeitstellen ausgedrückt. Das entspricht fast einem Viertel des Arbeitskräftepotenzials in der Schweiz. Dieser Stellenbestand ist in den vergangenen zehn Jahren mit 13% Wachstum viel rasanter ausgedehnt worden als derjenige in der Privatwirtschaft mit 8%.

Die wachsende Einflusssphäre des Staats lässt sich auch an der Fiskalquote ablesen. Der Anteil an Steuern und Abgaben am Bruttoinlandprodukt (BIP) mag «offiziell» mit 28% niedrig sein, im Vergleich mit Deutschland und Österreich mit 38 und 42%. Im staatlichen Fussabdruck liessen sich allerdings auch die Abgaben für die Pensionskasse und Krankenkassenprämien berücksichtigen, weil obligatorisch. Dann sieht die Fiskalquote der Schweiz mit nahezu 40% nicht mehr schlank aus.

Zudem entzieht kaum ein Industrieland so viele Preise dem Markt wie die Schweiz. Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Union, kommt auf eine Quote von 30% – mehr als doppelt so viel wie der EU-Durchschnitt. Das ist noch zu niedrig gegriffen: Der Chefökonom des Wirtschaftsverbands Economiesuisse nannte im vergangenen Jahr in der NZZ einen Anteil von 40 bis 50% der Wirtschaftsleistung. Der Definition von Avenir Suisse zufolge machen die sogenannten administrierten Preise sogar mehr als die Hälfte aus.

«Der Staat breitet sich auf Kosten der Privatwirtschaft immer mehr aus. Daran ist das Parlament in hohem Mass mitschuldig.»

Schliesslich die Subventionen. Sie haben sich seit 1970 inflationsbereinigt versechsfacht. Sie ziehen Fehlanreize nach sich und – wie das Klimaschutzgesetz, das im Juni zur Abstimmung kommt – haben unschöne Mitnahmeeffekte zur Folge: Unterstützung erhalten auch solche, die ohnehin investieren wollen und das selbst finanzieren können.

Avenir Suisse schlägt mehrere Gegenmassnahmen vor. Dazu zählen, analog der segensreichen Schuldenbremse beim Bund, eine Subventionsbremse oder ein Verfalldatum für die naturgemäss «klebrigen» Subventionen. Und wenn schon Sondersession, dann jedes Jahr eine, die dazu dient, «überholte, fehlgeleitete oder zu teure Bestimmungen zu löschen».

Der Staat breitet sich auf Kosten der Privatwirtschaft immer mehr aus. Daran ist das Parlament in hohem Mass mitschuldig: «Von links bis rechts wird der Staat zunehmend als Gehilfe zur Erfüllung jeweiliger Partikularinteressen gesehen», schreibt Avenir Suisse. Die Schweiz, Hort einer neoliberalen Wirtschaft? Nein, eher eines unseligen Neo-Etatismus.

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QOSHE - Den Moloch Staat eindämmen - Arno Schmocker
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Den Moloch Staat eindämmen

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28.04.2023

Kaum haben sich die Wogen nach der CS-Sondersession ein wenig geglättet, startet schon die nächste. In der kommenden Woche versucht der Nationalrat während drei Tagen, den Pendenzenberg abzubauen. Zur Sprache kommt voraussichtlich eine Motion von Mike Egger, die vor allem bei der Ratslinken heftige Gegenreaktionen auslösen wird. Der SVP-Politiker fordert nicht etwa weniger Subventionen für die Landwirtschaft, wohl aber weniger Bundespersonal und Ausgaben für dasselbe.

In den vergangenen fünfzehn Jahren seien die Zahl der Bundesstellen und der Personalaufwand rund ein Fünftel gestiegen. Zudem sei der Durchschnittslohn in der Bundesverwaltung 15% auf 126 000 Fr. geklettert. Die Motion verlangt, dass der «Spardruck» erhöht und namentlich die Kosten innerhalb von vier Jahren auf das Niveau von 2007 zurückgeführt werden.

«Der Kapitalismus muss nicht überwunden werden, denn er existiert auch hierzulande nur beschränkt.»

Eine Mär bleibt eine Mär, auch wenn sie noch so oft und penetrant wiederholt........

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