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Friedenspartei mit Flugabwehrsystem: Bleibt das BSW eine Fußnote der Parteiengeschichte?

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Kein BSW-Politiker ist an diesem Montagmittag am Fliegerhorst Holzdorf zugegen – und dennoch ist die Partei allgegenwärtig. Drei Tage später wird die Bundeswehr hier das Flugabwehrsystem Arrow 3 in Betrieb nehmen, später werden 47 neue Chinook-Transporthubschrauber in Holzdorf stationiert, das „Arbeitspferd der Luftwaffe“ nennt sie der anwesende Generalmajor. Der ostdeutsche Luftwaffenstützpunkt wird massiv ausgebaut.

Mitten durch das Gelände verläuft die Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Die strukturschwache Gegend soll von der Aufrüstung profitieren: neue Straßen, Schienen, Kitas und Schulen für die Familien von 700 neuen Soldaten und Beschäftigten der Bundeswehr; die zuständige „Task Force“ der beiden Bundesländer hat gerade getagt. Deswegen sind die Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) und Reiner Haseloff (CDU) hier. Bei der Pressekonferenz richten sich alle Journalistenfragen an Brandenburgs Regierungschef Woidke – und ausnahmslos jede erkundigt sich nach der „friedenspolitischen Sehnsucht“ seines Potsdamer Koalitionspartners BSW.

Auch er habe Sehnsucht nach Frieden, sagt Woidke, aber der Holzdorf-Ausbau sei eine „gute Nachricht für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und die der NATO“. Der Koalitionsvertrag mit dem BSW stehe weder Investitionen in diese Verteidigungsfähigkeit noch der Unterstützung für Soldaten im Wege. „Die Zeitenwende wird auch am Standort in Holzdorf sichtbar“, sagt Woidke, und dass deren Milliarden nicht nur in Westdeutschland ankommen dürften, sondern auch nach Ostdeutschland fließen müssten.

Fast zwei Jahre sind seit der Gründung des BSW vergangen. In Brandenburg und Thüringen regiert die Partei mit, in Sachsen zählt sie zur Opposition, ebenso wie im Europaparlament. Fabio De Masi ist dort Abgeordneter. Er soll beim Bundesparteitag in Magdeburg an diesem Wochenende Sahra Wagenknecht an der Parteispitze ablösen und das BSW künftig mit Amira Mohamed Ali führen.

Die beiden sind mit Dilemmata konfrontiert, wie sie das BSW seit nun einem Jahr begleiten und wie sie im Termin auf dem ostdeutschen Luftwaffensützpunkt Holzdorf ihren formvollendeten Ausdruck finden: Das BSW steht zwischen Krieg und Frieden, Regierung und Opposition und zwischen den etablierten Parteien und der AfD. Das wird das nächste Jahr, das mit Landtagswahlen unter anderem in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, so prägen, wie es das vergangene Jahr geprägt hat.

Vor einem Jahr formierten sich gerade die Koalitionen in Thüringen und Brandenburg. Viel Getöse gab es damals um die „Friedensformeln“ und „Präambeln“ in den Koalitionsverträgen: Würde die Friedenspartei BSW den Koalitionspartnern, vor allem der CDU in Thüringen, Worte abringen, die sich als Kritik am Aufrüstungskurs ihrer Bundesparteien lesen lassen, die deutsche Debatte entsprechend beeinflussen können und eigene Wählerinnen und Wähler zufriedenstellen würden?

Bekanntlich ist das nach Auffassung der BSW-Bundesspitze um Sahra Wagenknecht in Thüringen weniger gut gelungen als in Brandenburg. Doch Dietmar Woidke hatte recht, als er in Holzdorf auf den 2024 in Potsdam geschlossenen Koalitionsvertrag verwies. In dessen Präambel steht zwar unter anderem, der Krieg in der Ukraine werde „nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können“. Aber dort........

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