Essays | Fabelhaft dunkles Funkeln: Madame Nielsens kritische und aberwitzige Analyse der Deutschen

Ach, was ist das für eine Qual, dass die schönsten deutschsprachigen Texte von Nicht-Muttersprachlern verfasst werden! Jedenfalls gilt das im höchsten Maße für die Texte der großen, ja, überlebensgroßen Madame Nielsen, deren sprachliche Größe im eigentümlichen Gegensatz zu der zarten Gestalt der Autorin steht.

In ihrem Essayband Porträts von den Deutschen und anderen Lebewesen zeichnet die vielfach preisgekrönte dänische Autorin und Künstlerin ein grotesk-trauriges Bild von diesem düsteren Völkchen. Das Deutsche, so lernt man hier, wuchert irgendwo zwischen Romantik und Idealismus, zwischen Kartoffelacker und Wald, zwischen rechter Identitätspolitik und dem Ausländerinnendasein der Autorin.

Als deutscher Wutbürger tritt auf – ausgerechnet! –: Maxim Biller. In weiteren Rollen sprechen: Marc Jongen, Ulay (ohne Marina Abramović) und Peter Handke (auch nicht ganz deutsch, aber doch traurig-düster). Es geht also um mehr oder weniger deutsche Männer.

Und große Köpfe, die Deutschen haben ja so große Köpfe, die allenthalben in Marmor- oder wenigstens Gipsbüsten verewigt werden müssen. Wer was auf sich hält, der hat sämtliche Marx-Engels-Bände in der heimischen Bibliothek stehen – wie gesagt, wer was auf sich hält. Das gilt auch für den Vermieter der Charlottenburger Wohnung, die Nielsen in Berlin bezieht und damit das Leben eines anderen anprobiert, wie ein abgelegtes Kleid, das man........

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