Nun kann man natürlich fragen, ob die Welt das gerade wirklich dringend braucht: ein Möbelriese, der sich einen eigenen „Artist in Residence“ gönnt. So eine Residenz ist ein honoriges Programm, das einem Künstler in der Regel finanzielle Mittel einräumt und freien Raum zur Verfügung stellt, der zumeist an einem anderen als des Künstlers Wohnort liegt und wo dieser in Ruhe und ohne Not neue Arbeiten entwickeln kann. Klassischerweise wird eine solche Einladung von lokalen Kunst- und Kulturinstitutionen ausgesprochen; zu einer der bekanntesten Residenzen gehört die Villa Massimo in Rom.
Nun also der multinationale Einrichtungskonzern Ikea. Seit Januar 2023 kommunizieren die Schweden sehr stolz, dass man die vielleicht weltberühmteste Fotografin Annie Leibovitz als ersten „Ikea Artist in Residence“ gewinnen konnte. Ja, fragen Sie jetzt zu Recht, bekommt unser Möbel-Hübner denn nun auch bald einen Künstler, der auf den Sofas im großen Lager seine Staffelei aufbaut? Muss Elektro-Bernhard sich jetzt auch was mit Kunst ausdenken? Und überhaupt!
Die Antwort: Schlechter würde die Welt dadurch erst einmal nicht werden. Kunst und Kommerz, sie führen schon lange eine intensive Beziehung. Man denke an die Art-Cars von Volkswagen oder BMW (Calder! Hockney! Julie Mehretu!), Takashi Murakamis Liaison mit Louis Vuitton, die ganze geniale Figur Andy Warhol. Unzählige, öfters bekloppte, mal befruchtende Beziehungen solcher Art haben die letzten Jahre hervorgebracht. Die eine Seite (Kommerz) erhofft sich davon gute Vibes, gute Presse und neue Kundschaft, die anderen (die Künstler) neues Geld und ebenfalls neue Kundschaft. Das ist im Kapitalismus erlaubt. Dazu kommt im konkreten Fall: Es handelt sich zweifelsfrei um eine besonders spektakuläre Partnerschaft.
Ikea, letztes Jahr 80........