Wo Rauch ist, ist auch Feuer: Von der Macht der Bildbotschaften

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Und nicht nur das. Starke Bilder wirken unmittelbar auf unser limbisches System, den Sitz der Emotionen. Sie umschiffen den analysierenden und filternden Verstand, wecken Mitleid, Abscheu, Ekel, den ganzen Regenbogen positiver und negativer Gefühle, und das in Sekundenbruchteilen. Sie nehmen ein oder stoßen ab, mobilisieren zur Parteinahme.

Schon 1853, die Technologie der chemischen Bildfixierung war keine zwei Jahrzehnte alt, schickte die britische Regierung vier hauptamtliche Fotografen in den Krimkrieg. An der Heimatfront sank damals der Enthusiasmus für den fernen, teuren Militäreinsatz. Von den Bildern, ästhetisch noch an die Tableaus der Schlachtenmaler angelehnt, erhoffte man sich gesteigerte Aufmerksamkeit.

Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts dominierte der Blick der Sieger, gipfelnd 1945 in den beiden symbolstärksten Siegesfotos überhaupt: dem Hissen der US-Flagge auf der Pazifikinsel Iwojima und der Sowjetflagge auf dem Reichstag in Berlin. Beide Bilder waren nachgestellt und damit eigentlich „fake“; der sowjetische Fotograf musste obendrein die zwei Armbanduhren am Handgelenk eines der Soldaten retuschieren. Die Ausdruckskraft der Bilder als Inbegriff eines Jahrhunderttriumphs schmälert das nicht.

Als dann im März 1968 der Fotograf Ron Haeberle mit den Hubschraubern des 20. US-Infanterieregiments in dem südvietnamesischen Dorf My Lai landet, wird er Zeuge des größten je dokumentierten Massakers der US-Armee. Seine Kameraden foltern, vergewaltigen und morden rund 500 Zivilisten, alte Männer, Frauen, Kinder. Haeberles........

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