Eine Delegation aus Nordkorea brach kürzlich zu einer spektakulären Reise in den Iran auf. Schon die im Vorfeld erfolgte öffentliche Ankündigung durch den nordkoreanischen Außenhandelsminister Yun Jong-ho war eine Seltenheit. Der Iran kommentierte den Besuch bisher nicht. Das Treffen mit den Nordkoreanern kam wenige Wochen, nachdem der Iran von seinem Staatsgebiet aus erstmals Israel direkt angegriffen hat.

Die Reise signalisiert Pjöngjangs Absicht, die Beziehungen zu Teheran auszuweiten. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums wollte nicht ausschließen, dass Nordkorea den Iran mit Waffen beliefert. Vor allem befürchtet Washington, dass der Iran Nordkorea bei der Entwicklung von Atomwaffen unterstützt.

Nach internationalen Schätzungen hat der Iran bereits 120 Kilogramm Uran auf 60 Prozent angereichert. Der „pakistanische“ Bombentyp, den Teheran vermutlich anstrebt, braucht zwar rund 90 Prozent Anreicherung, doch von 60 auf 90 Prozent ist es technologisch kein großer Sprung. Nordkorea und der Iran, die sich beide in den vergangenen Jahrzehnten zum Atomwaffenstaat entwickelt haben, sollen bei der Urananreicherung bereits zusammengearbeitet haben. Auch das iranische Raketenprogramm hat historische Wurzeln in Nordkorea – in beiden Staaten basiert die Technologie auf den Scud-Raketen der Sowjetunion.

Kürzlich deutete ein Berater des geistlichen und politischen Oberhaupts der Islamischen Republik, Ali Chamenei, an, dass der Iran im Fall israelischer Angriffe gegen iranische Atomanlagen seine Atomdoktrin ändern müsse. Bislang hieß es immer, der Iran strebe nicht nach Atomwaffen. Der Iran und Nordkorea werden im Westen zudem verdächtigt, technisches Know-how und Komponenten für die Herstellung von Raketen auszutauschen.

12.05.2024

12.05.2024

gestern

Seit einigen Monaten fährt Nordkorea außenpolitisch eine neue Strategie. So deuten jüngste Äußerungen von Staatschef Kim Jong-un auf eine Eskalation im Nordwestpazifik hin. Kim will Südkorea in der Verfassung zum „Feind Nummer eins“ erklären. Zwar befinden sich die innerkoreanischen Beziehungen seit langem in einer Abwärtsspirale. Dennoch gilt Kims Abkehr vom Ziel der friedlichen Wiedervereinigung als strategischer Kurswechsel.

Seit dem Ukraine-Krieg rücken Russland, der Iran und Nordkorea enger zusammen. Der Iran beliefert Russland in großem Umfang mit ballistischen Raketen und Kampfdrohnen für den Einsatz gegen die Ukraine, während Nordkorea Raketen und Munition liefert. Sowohl der Iran als auch Nordkorea bestreiten dies.

Neuer Bericht: Russland liefert Öl an Nordkorea – scheitern die Sanktionen?

28.03.2024

Wachsende Konfrontation: Nordkoreas Kim Jong-un schürt Kriegsangst und schafft Feindbilder

06.01.2024

Nordkorea unternimmt zudem Anstrengungen, um die Sichtbarkeit der Beziehungen zu Russland und zum Iran zu erhöhen. Staatschef Kim versucht, aus der diplomatischen Isolation auszubrechen und in der geopolitischen Gemengelage seit Ausbruch der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen eine Einheitsfront gegen die USA zu bilden.

2023 besuchte Kim den russischen Fernen Osten zu einem seiner seltenen Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dabei wurde die wachsende militärische Zusammenarbeit der Länder hervorgehoben. So wie Russland könnte Nordkorea auch Teheran mit Waffen beliefern – im Austausch für Gegenleistungen wie Öl. In den letzten Monaten hat Kim die Weltkrisen als Ablenkung genutzt, um außerdem seine Waffentests auf ein Rekordtempo zu steigern.

Die Unterstützung aus dem Iran und Nordkorea hat die russische Position auf dem Schlachtfeld gestärkt und die westlichen Versuche, Moskau zu isolieren, untergraben. Die Ausweitung der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit zwischen den USA, Südkorea und Japan dürfte Kim zudem veranlasst haben, seine Beziehungen zu Russland und zum Iran zu vertiefen. Beide befinden sich in der Ukraine und im Gazastreifen respektive im Konflikt mit den USA und ihren Verbündeten.

Die USA arbeiten aktuell daran, das Konzept der Nato auf den Fernen Osten zu erweitern. US-Präsident Biden hat das erstmals im August 2023 mit den Präsidenten Japans und Südkoreas in Camp David besprochen. Ziel ist eine Dreierallianz im Pazifik gegen die Rivalen des Westens in Asien.

Sowohl Chinas Widerwillen, sämtliche Brücken zum Westen abzubrechen, als auch das gemeinsame russische und nordkoreanische Interesse an einer allzu hohen Abhängigkeit von der Volksrepublik ebnen den Weg zu vertieften Beziehungen zwischen Nordkorea einerseits und Moskau sowie Teheran andererseits. China blickt durchaus skeptisch auf die intensiver werdenden nordkoreanisch-russischen Beziehungen. Dort befürchtet man, ein ermutigter Kim könnte die Spannungen in Nordostasien verschärfen und eine höhere US-Militärpräsenz provozieren, was wiederum China nicht will. Zugleich kann Nordkorea im Verbund mit dem Iran und Russland souveräner agieren – es kann die Beziehungen zu China ausbalancieren und die Isolationspläne der US-Dreierallianz durchkreuzen.

Schon im März hatte Russland mit einem Veto im UN-Sicherheitsrat die Überwachung internationaler Sanktionen gegen Nordkorea gestoppt. Das Mandat der Beobachter lief Ende April aus. Die zeitlich unbegrenzten UN-Sanktionen waren zuletzt 2016 und 2017 verschärft worden. Seit 2019 fordern die Sicherheitsratsmitglieder Russland und China eine zeitliche Begrenzung der Maßnahmen.

Käme es zu einer engeren Militärkooperation zwischen Moskau und Pjöngjang, entstünde damit ein Gegengewicht zur neuen Dreierallianz aus den USA, Südkorea und Japan. Eine enge Partnerschaft mit dem atomaren Schwellenstaat Iran ermöglicht es Nordkorea außerdem, einen neuen Hebel gegen die USA einzusetzen, um den Westen zur Lockerung der Sanktionen zu drängen. Angesichts der globalen geopolitischen Lage versucht Nordkorea, aus seiner Isolation nach dem Scheitern des Nordkorea-Gipfels mit Donald Trump 2019 auszubrechen. Mit der neuen Strategie hofft Pjöngjang, zum globalen Player aufzusteigen.

Wenn eine Partnerschaft zwischen Russland, dem Iran und Nordkorea zustande kommt, ist dennoch anzunehmen, dass sie den mehr oder weniger stillschweigenden Segen Pekings genießt. Jüngst veröffentlichte Satellitenbilder zeigen ein russisches Frachtschiff in einem chinesischen Hafen, das angeblich in Waffenlieferungen von Nordkorea nach Russland verwickelt und von den USA sanktioniert sein soll.

Irans Führung vor unruhigen Zeiten

16.04.2024

In den letzten zwei Jahren sind der Iran, Nordkorea und China zu Wegbereitern der Moskauer Kriegsmaschinerie in der Ukraine geworden. Russlands Krieg wird unter anderem mit Waffen aus Nordkorea und dem Iran geführt. China wiederum hat die Beschaffung von russischem Öl und Gas ausgeweitet und spült Milliarden Dollar in die russische Kriegskasse. Im Westen wird China zudem beschuldigt, den Russen große Mengen an kriegsfähiger Technologie zu liefern, von Halbleitern und Elektronik bis zu Radar- und Kommunikationsstörgeräten.

All das macht deutlich, dass Russland in seinem Krieg nicht allein dasteht. Zunehmend erkennen die vier genannten Länder gemeinsame Interessen, stimmen ihre Rhetorik ab und koordinieren militärische und diplomatische Aktivitäten. Ihre Konvergenz schafft eine neue Achse des Umbruchs – eine Entwicklung, die die geopolitische Lage grundlegend verschiebt.

QOSHE - Nordkoreanische Delegation im Iran: Will Pjöngjang zum Global Player aufsteigen? - Seyed Alireza Mousavi
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Nordkoreanische Delegation im Iran: Will Pjöngjang zum Global Player aufsteigen?

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14.05.2024

Eine Delegation aus Nordkorea brach kürzlich zu einer spektakulären Reise in den Iran auf. Schon die im Vorfeld erfolgte öffentliche Ankündigung durch den nordkoreanischen Außenhandelsminister Yun Jong-ho war eine Seltenheit. Der Iran kommentierte den Besuch bisher nicht. Das Treffen mit den Nordkoreanern kam wenige Wochen, nachdem der Iran von seinem Staatsgebiet aus erstmals Israel direkt angegriffen hat.

Die Reise signalisiert Pjöngjangs Absicht, die Beziehungen zu Teheran auszuweiten. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums wollte nicht ausschließen, dass Nordkorea den Iran mit Waffen beliefert. Vor allem befürchtet Washington, dass der Iran Nordkorea bei der Entwicklung von Atomwaffen unterstützt.

Nach internationalen Schätzungen hat der Iran bereits 120 Kilogramm Uran auf 60 Prozent angereichert. Der „pakistanische“ Bombentyp, den Teheran vermutlich anstrebt, braucht zwar rund 90 Prozent Anreicherung, doch von 60 auf 90 Prozent ist es technologisch kein großer Sprung. Nordkorea und der Iran, die sich beide in den vergangenen Jahrzehnten zum Atomwaffenstaat entwickelt haben, sollen bei der Urananreicherung bereits zusammengearbeitet haben. Auch das iranische Raketenprogramm hat historische Wurzeln in Nordkorea – in beiden Staaten basiert die Technologie auf den Scud-Raketen der Sowjetunion.

Kürzlich deutete ein Berater des geistlichen und politischen Oberhaupts der Islamischen Republik, Ali Chamenei, an, dass der Iran im Fall israelischer Angriffe gegen iranische Atomanlagen seine Atomdoktrin ändern müsse. Bislang hieß es immer, der Iran strebe nicht nach Atomwaffen. Der Iran und Nordkorea werden im Westen zudem verdächtigt, technisches Know-how und Komponenten für die Herstellung von Raketen........

© Berliner Zeitung


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