Rätselhafter Erfolg: „Nabucco“ mit Anna Netrebko an der Staatsoper
Man glaubt sich mit dem 19. Jahrhundert auf du und du; flüchtig überschlagen 70 Prozent der aufgeführten Musik in Oper und Konzertsaal stammen aus dieser Zeit, Expertise scheint im Laufe der Jahrzehnte schlicht unvermeidbar. Und dann erfährt man, dass der 27-jährige Giuseppe Verdi mit der Oper „Nabucco“ seinen Durchbruch feiern konnte. Wie kann das sein? Offenbar versteht man das 19. Jahrhundert doch nicht so gut, wie man dachte.
„Nabucco“ hat wenig von dem, was Verdi später auszeichnete: Seine Personenkonstellation ist undramatisch, die Charaktere sind psychologisch kaum durchdrungen, die Musik nimmt selten Licht und Farbe des Schauplatzes auf. Ist es nur dieser Chor, dieser eine Chor „Flieg, Gedanke, auf goldenen Schwingen“, der das Stück so berühmt gemacht hat, dass er den oratorischen, knatternden Rest mitreißen kann?
So muss es wohl sein. Um dem Ganzen noch ein bisschen mehr Sinn zu geben, hat die Staatsoper Unter den Linden am Mittwoch ihre erste Premiere in der neuen Spielzeit um Anna Netrebko herumgebaut. Die russische, aufgrund ihrer ausbleibenden Putin-Verurteilung lange am Rand der Ausladung operierende und immer wieder Demonstrationen ausgesetzte Sopranistin singt die Abigaille, die noch vor der Titelfigur interessanteste und zweifellos mit den spektakulärsten Arien bedachte Partie.
Anna Netrebko in der Staatsoper Berlin: Der Wahnsinn des Krieges
17.09.2023
Man kann nicht leugnen: Sie steckt ihre........
© Berliner Zeitung
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