Die Komische Oper bringt „Sweeney Todd“ und die beste Pastete von London auf die Bühne
Die Grusel-Operette „Sweeney Todd“ ist ein schwieriges Stück. Kultursoziologisch betrachtet wollte Stephen Sondheim ein Werk schaffen, in dem sich auch der Intellektuelle nichts vergibt: geistreicher Text, komplexe Musik, eine Geschichte mit widersprüchlicher Sympathieverteilung. Dennoch entzieht sich das bemerkenswerte Stück einem Zugriff, wie ihn die Komische Oper am Sonntag unter der Regie von Barrie Kosky versucht hat, einem Zugriff, der von Konkretem weitgehend abstrahiert und die Figuren auf einer karg ausgestatteten Bühne umeinanderlaufen lässt.
Die Geschichte des Barbiers Benjamin Barker, der vom Richter Turpin verbannt wurde, damit der sich an dessen Frau Lucy vergreifen kann, und der dann unter dem Namen Sweeney Todd zurückkehrt und sich rächen will, wurde schon um 1846 erzählt und fand ihren historischen Ort im London von Charles Dickens oder Jack the Ripper.
Der Rache-Plot an sich ist von geringem Reiz, wesentlich ist, welche Nebenhandlungen sich anlagern: vor allem natürlich die der Gastronomin Nellie Lovett, die aus Sweeneys Opfern die besten Fleischpasteten der Stadt macht; aber dramaturgisch noch wichtiger ist die Geschichte von Todds Tochter Johanna, die Turpins Mündel wurde und nun von ihm als Gattin begehrt wird, wie auch von Sweeneys Kumpel Anthony. Dazu läuft eine irre, Katastrophen prophezeiende........
© Berliner Zeitung
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