Robert Habeck wäre ab Herbst 2025 gerne Kanzler. Das weiß die Parteien-Konkurrenz, das weiß die Grüne Basis und natürlich auch Annalena Baerbock. Gern wäre er das schon bei der letzten Bundestagswahl geworden. Doch die feministischen Überzeugungen der Grünen verlangten, die schwächere Kandidatin aufzustellen. Nach Baerbocks Fehlern reduzierte sich die grüne Wählerschaft mehr oder weniger auf das Kernklientel. Doch seitdem klar ist, dass der Kanzler der Ampel Scholz heißt, arbeitet Habeck am zweiten Anlauf.
Dabei hat der Wirtschaftsminister mit widerstrebenden Interessen zu kämpfen: Einmal muss er sich in seiner Partei, in der die Außenministerin beliebter ist als er, durchsetzen. Auf der anderen Seite nützt ein Sieg im Inneren nichts, wenn die Grünen keine größeren Wählerschichten erreichen. Das heißt: Ohne Erfolge bei grünen Themen innerhalb der Ampel-Koalition – Klimaschutz, Kindergrundsicherung, Atomausstieg – könnte dem Vizekanzler die Unterstützung in den eigenen Reihen fehlen.
22.03.2023
22.03.2023
Aber mit zu unangenehmen Klimaschutzmaßnahmen, die Millionen von Menschen schmerzhaft im Portemonnaie treffen – Gasheizungs- und Verbrennerverbot – wird sich keine Mehrheit für die Grünen am Abend der Bundestagswahl ergeben. Wie geht das kommunikative Ausnahmetalent mit dieser Zwickmühle um?
Einen Zug spielte Habeck in dieser Woche aus, als er in den Tagesthemen die Informationen über einen Gesetzesentwurf aus seinem Ministerium zum drohenden Heizungstausch kurzerhand zur Palastintrige erklärte und seine Entrüstung äußerte.
Der Gesetzentwurf zum Heizungsaustausch sei in einem sehr frühen Stadium „an die Bild-Zeitung – ich muss unterstellen bewusst – geleakt worden, um dem Vertrauen in die Regierung zu schaden“, sagte Habeck. Das Vertrauen in die Regierung habe Schaden genommen. „Und eine Regierung, die das Vertrauen verspielt, hat natürlich ihr größtes Pfund verloren.“
Das gefiel den Grünen einerseits, die sich von Habecks Empörung vertreten fühlten. Das lassen wir uns nicht gefallen und endlich sagt’s mal einer, so der Tenor. Andererseits konnte Habeck mit dieser Erzählung auch der Bevölkerung signalisieren: So dramatisch, wie wir intern kochen, so heiß tischen wir es den Bürgern gar nicht auf.
Es ging nicht mehr um den Inhalt der Forderung nach einem Heizungstausch, sondern um die Art, wie mit internen Dokumenten umgegangen wird, die man gar nicht so ernst nehmen muss. Und die Stimmung in der Ampel sei übrigens auch super. „Das Miteinander im Kabinett ist tadellos, wir können die Dinge ruhig und ganz normal bereden.“ Alle könnten beruhigt sein.
Doch geht diese Taktik langfristig auf? Die Ampel ist in jedem Falle, trotz mancher Unkenrufe, nicht gefährdet. Keiner der Koalitionäre hat bei den derzeitigen Umfragewerten Interesse an einem Bruch. Die Union dürfte bei Neuwahlen den ersten Platz sicher haben, SPD und Grüne könnten dann einander zerfleischen.
•vor 25 Min.
Schwierig wird es, wenn die Klimaschutzmaßnahmen wirklich die Bürger erreichen. Wenn man sich nicht nur für eine CO2-neutrale Zukunft aussprechen, sondern auch Abstriche hinnehmen muss, wenn mit der Wärmepumpe auch das ganze Haus neue Dämmung braucht und selbst mit Geld keine Arbeitskräfte dafür da sind oder wenn Verbrenner nicht mehr in die Innenstädte dürfen, aber der ÖPNV noch immer keine Alternative darstellt. Am liebsten wäre Habeck dann schon Kanzler.