Deutsche Migrationspolitik: Ein Masterplan zur Radikalisierung künftiger Messerattentäter
Eigentlich wollte sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz treffen, um über die Stationierung von US-Marschflugkörper in der Bundesrepublik zu sprechen. Zweifellos ein wichtiges Thema. Unmittelbar vor dem Treffen überzog dann Russland die Ukraine mit einem der umfangreichsten Luftangriffe seit Beginn der russischen Invasion 2022 und beschädigte dabei einen riesigen Damm vor Kiew. Ein mindestens genauso wichtiges Thema.
Aber es gibt offenbar noch wichtigere Themen in der Bundesrepublik als Krieg, Frieden und Aufrüstung: In Solingen hat ein vom Islamischen Staat aufgestachelter 26-jähriger Syrer wild auf Umstehende eingestochen und drei von ihnen getötet und vier schwer verletzt. Das war dann doch wichtiger und so redeten Scholz und Merz darüber.
Das klingt jetzt absichtlich ein wenig sarkastisch, denn es soll die Provinzialität und Weltfremdheit der deutschen Debatte beleuchten: draußen brennt die Welt, aber Scholz und Merz beschäftigen sich mit einer Messerattacke, wegen der, laut Merz, Scholz angeblich „das Land entgleitet.“ Nein, ich behaupte nicht, was in Solingen passiert ist, sei nicht wichtig. Es ist allein schon deshalb wichtig, weil sich so viele Leute jetzt darüber aufregen. Darüber, und nicht über einen der anderen ca. 4000 Morde, die es 2023 gab oder einen der auf 14000 geschätzten Messerangriffe in diesem Jahr. Solingen ist wichtig, aber aus einem ganz anderen Grund als alle derzeit glauben machen wollen. Solingen zeigt: unsere Sicherheitsbehörden sind ziemlich erfolgreich. Das widerspricht dem derzeitigen Volksempfinden dermaßen, dass nicht einmal die Sicherheitsbehörden selbst das behaupten. Aber es gibt eine Begründung dafür.
Um die Messerattacken von Mannheim und Solingen richtig einordnen zu können, muss man wissen, dass so etwas wie „Messerattacken“ bundesweit gar nicht statistisch erfasst wird. Erfasst werden Gewaltkriminalität und Morde (zusammen mit Totschlag und Tötung auf Verlangen) und die gingen gemessen in Taten pro 100.000 Einwohnern zwischen 2009 und 2021 ziemlich stetig zurück und stiegen danach ganz leicht an. Ähnlich wie alle von der Polizei erfassten Straftaten. Kein Grund zur Aufregung.
Aber die Tat von Solingen war ja keine gewöhnliche Messerstecherei, sondern Terrorismus. Es ist zwar, wie statistische Untersuchungen zeigen, extrem unwahrscheinlich, einem terroristischen Anschlag zum Opfer zu fallen, weil terroristische Anschläge nur einen winzigen Prozentsatz aller gewaltsamen Todesarten ausmachen (von den nicht gewaltsamen wie Autounfällen und Krankheiten gar nicht zu reden). Sie verbreiten jedoch ihren Horror ja gerade dadurch, dass ihre Opfer willkürlich ausgewählt werden und sich so jeder mit ihnen identifizieren kann. „Mich hätte das auch treffen können“, sagen Zeugen und Zuschauer hinterher meist in die Kamera. Dass das Messer eines betrunkenen, wütenden Kirmesbesuchers, der seine Ex-Frau niederstach, mich auch hätte treffen können, sagt hinterher meist niemand, weil der Täter sich sein Opfer ja genau ausgesucht hat. Wer sich von Horror und Panik überwältigen lässt, der denkt nicht an folgendes: Die größten Terroranschläge in der westlichen Welt fanden am 11. September 2001 in den USA statt, als 19 Täter mit Hilfe von entführten Passagiermaschinen insgesamt 2977 Menschen umbrachten. Auf einen Täter entfielen damals statistisch 157 Todesopfer. Das ist, aus der Sicht der Täter betrachtet, eine ziemliche hohe Erfolgsquote. 14 Jahre später gelang es 10 Tätern in Paris und Umgebung insgesamt 130 Menschen umzubringen – beim Bataclan-Anschlag. Das war eine ähnliche Effizienz wie beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin 2016: ein Täter, 13 Tote.
31.08.2024
•vor 35 Min.
31.08.2024
Demgegenüber ist der Anschlag von Solingen das Eingeständnis einer Niederlage: ein Attentäter – drei Tote. Offenbar haben der Fahndungsdruck in Europa und die Zerschlagung des IS im Nahen Osten die Fähigkeiten des IS, Terror zu verbreiten, stark eingeschränkt. Den israelischen Sicherheitsbehörden ist so etwas durch elektronische Überwachung, Kontrollen und den Bau der Mauer zum Westjordanland auch gelungen: statt Selbstmordanschläge mit vielen Toten und explodierende Busse gab es danach nur noch Messeranschläge mit einer niedrigen Täter-Opfer-Rate. Ich weiß nicht, ob das die Israelis beruhigt (obwohl es das sollte), aber ich weiß, dass sich davon in Deutschland niemand beruhigen lässt. Wir sind nämlich, wenn ich die Medienberichterstattung und die Reaktionen unserer Politiker betrachte, nicht zufrieden damit, dass es in Solingen so wenig Opfer gab, sondern empört darüber, dass es überhaupt welche gab. Damit wir uns sicher fühlen, soll es nämlich möglichst gar........
© Berliner Zeitung
visit website