Ehrenmann aus Schöneberg: Boxer Izzet Mafratoglu bringt Kiezkindern die deutschen Tugenden bei

Izzet Mafratoglu pfeift zwei Jungs zu sich. „Liegestütze, jeder zehn“, sagt er leise. Die beiden Kinder, vielleicht elf oder zwölf Jahre alt, lassen ihre Trainingstaschen fallen und gehen zu Boden. Ohne zu murren. Kein Widerspruch. Einfach so. Nach ihren Straf-Liegestützen schnappen sie sich ihre Taschen und gehen weiter zum Training. Leise. Sie waren zu spät. Und die erste Regel der „10 Gebote für den Box-Sportler“ lautet nun einmal: Erscheine regelmäßig und pünktlich zum Training. Boxtrainer Izzet Mafratoglu achtet streng auf die Einhaltung dieser Regeln.

Später wird Izzet einen Boxschüler rausrufen: „Du, komm mal her. 20 Liegestütze.“ Der Junge macht, was Izzet sagt. Was ist vorgefallen? Er hat einen anderen abgelenkt. Izzet hat einen untrüglichen Blick dafür, wer das Training ernst nimmt. Und das verlangt er von seinen Schülern. Im Laufe des Trainings müssen noch einige Jungs auf den Boden.

Izzet Mafratoglu ist der Motor des Schöneberger Boxsport-Vereins Isigym, den er 2005 gegründet hat. Er ist Chef im Ring, Kopf, Herz und Bauch des Vereins. Er bezeichnet seine Boxschüler als seine Kinder und sich als Vater, Großvater, großen Bruder und Trainer. Und weil diese Familie sehr groß ist, 300 Schüler mit unterschiedlichsten Wurzeln hat der Verein, braucht es Regeln. Da ist der Vereinschef kompromisslos. Die zehn Gebote hängen im Boxclub aus. Auswendig kann sie hier jeder, beherzigt werden sie auch.

Boxtrainer Izzet sieht aus, wie man sich einen Boxer aus dem Milieu vorstellt: Er trägt eine ziemlich dicke Goldkette, ein üppig gemustertes T-Shirt mit einem Seefahrtsmotiv. Aus den Seilen werden auf den zweiten Blick Dollarzeichen. Kombiniert mit einer farblich passenden großen Uhr und einer Cross-Bag-Tasche. Man sieht auf Anhieb: Izzet ist der King im Kiez. Und so behandelt ihn hier auch jeder. Alle grüßen höflich. Der Blick geht in die Augen, denn auch das steht im Regelwerk: „Befolge die Anweisungen des Trainers und danke es ihm durch respektvolles und ordentliches Benehmen.“

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In die Augen schauen ist Pflicht. Wer die Reporterin nicht grüßt, wird freundlich ermahnt. Die meisten müssen nicht darauf hingewiesen werden. Im Boxclub riecht es nach Schweiß, Fäuste knallen auf Sandsäcke, Springseile zischen über den Boden und trotzdem hat die Kulisse nichts Bedrohliches. Alle sind hoch konzentriert bei der Sache, dazu noch höflich, rücksichtsvoll und freundlich. Fast wie in einer Musikschule, nur dass hier geboxt wird.

Mit zwei Jahren kam Izzet aus der Türkei nach Berlin und landete bei einem Onkel in der Potsdamer Straße, die bis heute seine Heimat ist. Er lernte Boxen und blieb dabei. Izzet selbst war auch Profi, wobei er zugibt, dass er als........

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