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Frau Fleischhacker, Sie haben Regie/Dokumentarfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert und im Anschluss ein paar Kurz- und Dokumentarfilme gedreht. Wie ist in Ihnen die Idee gewachsen, einen Spielfilm zu machen?
Ich habe zuerst Psychologie in Freiburg studiert und dort „Das Gefühl des Augenblicks“ gelesen – ein Buch zur Dramaturgie des Dokumentarfilms. Der Blick auf die Welt und das Menschsein, was ich dort erfahren konnte, hat mich fasziniert. Das war der Anfang meiner Faszination für den Dokumentarfilm. Irgendwann habe ich ein Porträt über einen wegen Mordes verurteilten Mann gedreht, wodurch bei mir die Frage nach Nähe und Distanz im Dokumentarfilm sehr brisant geworden ist. Ich finde es sehr schwierig, sich so tief in ein Leben einzuarbeiten, dennoch aber die nötige Distanz zu finden. Damals war ich gerade 24, das hat mich sehr beschäftigt. Kurz darauf bin ich an die Filmhochschule La Fémis nach Paris gegangen und habe dort ein Programm besucht, dass szenisch ausgerichtet war – dort habe ich Blut geleckt.
Sie haben zu „Vena“ auch das Drehbuch geschrieben. Einige Ihrer vorherigen Filme spielen im Strafvollzug, Mutter sind Sie auch – beides zentrale Themen in „Vena“. Kam dadurch die Geschichte zustande?
Ja. Ich war gerade mit meiner Tochter schwanger, hatte mich bis dahin sehr auf den Männerstrafvollzug fokussiert, mich durch meine Situation dann aber gefragt, wie das wohl für schwangere Frauen sein muss. Das war der Initiator, um eine sehr umfangreiche Recherche zu starten, aus der ich dann angefangen habe, das Drehbuch zu schreiben.
Die Idee ist also zeitgleich mit Ihrer Tochter gewachsen.
Ja. Ich habe viel nachts geschrieben, wenn sie geschlafen hat. Oder mittags, wenn sie Mittagsschlaf gemacht hat. Ich war irgendwann so konditioniert: Kind schläft, Laptop aufklappen – wahnsinnig ungesund. Aber so habe ich „Vena“ überhaupt nur schreiben können.
Das klingt sehr anstrengend.
War es auch, aber ich habe mich mit der Darstellung von Müttern in Filmen gar nicht identifizieren können und habe mich damals total unterrepräsentiert gefühlt. Ich hatte ein starkes Bedürfnis, Bilder in die Welt zu tragen, die immer noch nicht vorhanden sind, und die große Irritationen bei vielen auslösen, die Eltern werden: Warum fühlt sich das so anders an, als ich es bisher gesehen habe? Bin ich komisch? Bin ich anders? Bin ich allein? Mir war es wichtig, ein realistischeres Bild von Mutterschaft zu zeigen.
Also war Ihr Zugang zu „Vena“ vor allem emotionaler Natur?
Ich verstehe erst jetzt, warum es mir damals so wichtig war, „Vena“ zu schreiben. Ich habe damals selbst in einer sehr ungesunden Beziehung gelebt und merke jetzt, wie viel die emotionalen Ebenen im Film mit meinen damaligen Leben zu tun hatten. Ich weiß, wie sich das anfühlt, sich an jemanden zu binden, der einem nicht guttut; wie es ist, sich nicht wertvoll genug zu fühlen. Ich weiß, wieso man sich lange in ungesunden Situationen hält, obwohl man eigentlich ausbrechen müsste. Jenny, die Hauptfigur........