Notarzt über Messerangriffe in Berlin: „Fünf Zentimeter reichen“
Ärzte und Sanitäter müssen in Berlin immer mehr Messerverletzungen versorgen. Die meisten Berliner Kliniken – außer die Charité – hüllen sich in Schweigen darüber, wie viele Stich- beziehungsweise Schnittverletzungen durch Messer sie in den vergangenen Jahren behandeln mussten. Die Berliner Zeitung fragte deshalb bei der Feuerwehr nach und erhielt Zahlen, die auf einen erheblichen Anstieg der Messergewalt in Berlin hindeuten. Wir haben mit einem Mann gesprochen, der sich mit Messerverletzungen auskennt. Martin Bender ist Leitender Notarzt und Oberarzt bei der Berliner Feuerwehr im Bereich der Einsatzvorbereitung Rettungsdienst. Bender ist oft „auf der Straße“, wie er sagt. Die Berliner Zeitung hat mit ihm per Videocall gesprochen.
Herr Bender, Messerangriffe haben im vergangenen Jahr zugenommen. Die Berliner Feuerwehr hatte 294 Rettungseinsätze wegen Stich- oder Schnittverletzungen – 64 mehr als im Vorjahr. Wie erleben Sie das selbst in der Praxis?
Bedauerlicherweise ist das inzwischen unsere Einsatzrealität, auch im Tagesgeschäft. Meine Kollegen und ich fahren gezielt auch zu solchen Verletzungsmustern, um da individuell zu unterstützen. Die Meldebilder und das, was wir nachher tatsächlich vor Ort vorfinden, gehen allerdings sehr oft weit auseinander.
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08.08.2024
Was meinen Sie mit Meldebildern?
Wir fahren relativ oft zu Stichverletzungen im gefährlichen Bereich, also am Brustkorb, im Bauchraum und im Oberarm- oder Oberschenkelbereich, also all das, was nah am Körperstamm ist. Oft ist es dann am Ende doch so, dass eine Schnittverletzung am Unterarm besteht. Der eine sagt, ich wurde mit einem Messer angegriffen, dann wird gefragt: „Wo denn?“ Und dann kann er das nicht zuordnen. Oder der Anrufer ist gar nicht das Opfer, sondern ist ein Zeuge, der es aber nicht so richtig gesehen hat. Insofern ist das einfach eine Unschärfe, die in der Telefonabfrage liegt, die wir auch nicht rausbekommen.
Wenn man die Daten der Feuerwehr, der Polizei und die der Krankenhäuser zusammen betrachten würde, würde man dann klarer sehen?
Die Zahlen aus den Krankenhäusern sind sauberer als unsere. Dort gibt es eine Abschlussdiagnose, die wirklich mit einer eingehenden Untersuchung einhergeht. Auch........
© Berliner Zeitung
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