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Opfer der „Sexualbestie“: Der Mord an der Gräfin von Lambsdorff in Strausberg

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08.01.2025

Dies ist ein Open-Source-Beitrag. Der Berliner Verlag gibt allen Interessierten die Möglichkeit, Texte mit inhaltlicher Relevanz und professionellen Qualitätsstandards anzubieten.

Berlin 1926. Ein Sexualstraftäter sorgt in der Gegend von Strausberg für Angst und Schrecken. Am 1. Mai wird die Stepperin Charlotte W. in der Nähe von Schlagmühle von einem Unbekannten vom Rad gezerrt und vergewaltigt. Am 7. Mai bedroht derselbe Täter in der Nähe des Bahnhofs Schlagmühle Erika G., eine Angestellte des Strausberger Konsumvereins. Die Frau entgeht der Vergewaltigung nur knapp, weil eine Bekannte zufällig in diesem Moment vorbeikommt und ihr zu Hilfe eilt.

Noch am selben Tag wird gegen halb fünf Uhr nachmittags auf einem Weg zwischen den Haltestellen Schlagmühle und Hegermühle der Leichnam einer Frau gefunden. Zwei Arbeiter haben die tote Frau, die mitten auf dem Weg liegt, schon von Weitem entdeckt. Zeitgleich haben sie einen jungen Mann gesehen, der noch versucht hat, die Leiche umzudrehen, und dann geflüchtet ist.

Die tote Frau wird schließlich als Gräfin von Lambsdorff geb. Freiin von Reibnitz identifiziert. Sie ist eine 40 Jahre alte Mutter von vier unmündigen Kindern, deren Ehemann der Direktor der Baltischen Vermögensverwaltung in Berlin ist. „Ermordet“, heißt es lapidar im Strausberger Kirchenbuch, und „überführt nach Stahnsdorf“.

Die Familie von Lambsdorff, die in Strausberg wohnt, ist seit 1919 in Berlin. Sie gehört zum russischen Zweig des deutsch-baltischen Adelsgeschlechts der „von der Wenge/Lambsdorff“. Ursprünglich dem westfälischen Adel zugehörig, hatte ein Zweig 1817 in Russland den Grafentitel erhalten. 1880 wurde ihnen seitens der königlich preußischen Regierung die Genehmigung erteilt, fortan auch den Titel „Freiherr von der Wenge, Graf von Lambsdorff“ zu tragen.

Sowohl in Preußen als auch in Russland gingen aus ihr einige Generäle und Beamte hervor. Noch heute heißt der deutsche Botschafter in Moskau Otto Graf Lambsdorff, dessen Urgroßvater der Bruder des unglücklichen Mannes war, dessen Ehefrau in Strausberg ermordet wurde.

Die Gräfin muss ihrem Mörder auf dem Rückweg vom Bahnhof begegnet sein, wohin sie ihren Berliner Schwager nach dessen Besuch begleitet hatte. Die Obduktion bestätigt schließlich den Verdacht, dass ihr Körper geschändet wurde. Die kräftige Frau muss sich noch gegen ihren Peiniger gewehrt haben, doch gegen den Schuss aus einer Pistole hatte sie keine Chance.

Die Unverdrossene: Eine Hommage auf die stolze,........

© Berliner Zeitung