Die Macht der schrillen Töne: Was Trump, Weidel & Co. so erfolgreich macht

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Am 4. September 2023 sagte die AfD-Politikerin Alice Weidel in einer Rede auf dem Gillamoos-Volksfest im bayrischen Abensberg:

„Sie wollen uns die Heimat kaputt machen. Sie wollen uns die Schweinshaxe, die Bratwurst … das Schnitzel verbieten! Und ich kann euch sagen, ich lasse mir nicht mein Schnitzel wegnehmen. Niemand geht an mein Schnitzel! Wir werden von Wahnsinnigen regiert! Und von Idioten! Liebe Freunde!“

Diese Aussage schaffte es bis in die Satiresendung „heute-show“ und wurde dort verspottet. Viele machten sich über Weidel lustig, die da ganz offensichtlich Unfug erzählte. Niemand will der Politikerin ihr Schnitzel wegnehmen. Aber die promovierte Volks- und Betriebswirtin ist nicht dumm. Sie weiß, was sie tut. Sie kennt die Macht der populistischen Rede. Und diese Passage kann als mustergültig betrachtet werden. Denn sie enthält viele wichtige Zutaten des Populismus.

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Es gibt ein „wir“, das sind hier die „Heimat“ und die „lieben Freunde“, kurz „das Volk“ (lateinisch populus). Und es gibt „die Elite“, also die „Wahnsinnigen und Idioten“, von denen das „Volk“ regiert wird. Außerdem gibt es eine konkrete Bedrohungslage. In diesem konkreten Fall soll „uns die Schweinshaxe“ verboten werden.

Diese Worte richten sich nicht an die Vernunft. Sie richten sich an das moralische Empfinden und die Emotionen. Viele Menschen essen gerne Fleisch, oft gehört es von Kindesbein an zur lokalen Identität. Auf der anderen Seite wissen wir heute ziemlich genau, dass Massentierhaltung für Milliarden von Tieren Leid bedeutet, ökologisch schädlich und ökonomisch fragwürdig ist. Das erzeugt einen inneren Konflikt. Es ist wunderbar entlastend, diesen Konflikt aus dem eigenen Inneren nach außen zu verlagern und nicht mit sich selbst, sondern mit dem „linksgrün versifften Mainstream“ auf Kriegsfuß zu stehen. Nicht ich selbst will mir etwas verbieten, sondern „die da oben“.

Populisten wie Weidel haben das gut verstanden. Die gleiche Technik lässt sich auf Themen wie Migration anwenden. Man muss keine Schuldgefühle gegenüber Menschen haben, die ihre Heimat verlassen müssen, wenn sich diese doch nur auf unsere Kosten bereichern und sich nicht an unsere Werte halten wollen. So ist man selbst das Opfer, nicht die von Krieg, Terror oder Hunger bedrohten Menschen aus Syrien, Afghanistan oder der Sub-Sahara.

Solche Botschaften greifen gerade dann gut, wenn man sie besonders schrill formuliert:........

© Berliner Zeitung