In Laufe der vergangenen Woche gelang es den russischen Truppen im Osten der Region Donezk, einige Dörfer zu erobern und sich der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk bis auf rund 15 Kilometer anzunähern. Durch einen Vorstoß von Nowooleksandriwka bis zum östlichen Stadtrand der Stadt Wosdwyschenka sicherte Russland vor rund zwei Wochen seinen Durchbruch bei Otscheretyne vor ukrainischen Angriffen ab und konnte auch die Entfernung hin zur strategisch wichtigen Verbindungsstraße Pokrowsk-Kramatorsk verringern.
Durch die jüngste Eroberung der Dörfer Prochres, Wowtsche und Lozuwazke liegen die russischen Streitkräfte nunmehr knapp 15 Kilometer von Pokrowsk und Myrnohrad und damit unweit der wichtigen Verbindungsstraßen, welche mit Orten der dritten ukrainischen Verteidigungslinie im Donbas und den Städten Kramatorsk und Slowjansk verbinden.
Neben der Kleinstadt Tschassiw Jar zählen nämlich die Städte Pokrowsk und Myrnohrad zu den wesentlichen Zielen Russlands in der Region Donezk. Die Einnahme von Tschassiw Jar und Pokrowsk würde Moskau einen bedeutenden Durchbruch in Richtung der ukrainischen Verteidigungsstellungen bei Kramatorsk und Slowjansk eröffnen. Die Eroberung dieser sogenannten dritten Verteidigungslinie bildet ihrerseits eine zwingende Voraussetzung für die Kontrolle über Donbas. Auch bildet Pokrowsk gemeinsam mit Myrnohrad das letzte wesentliche Verteidigungsgebiet vor der Regionalhauptstadt Dnipro.
Indessen steigt Russlands Blutzoll für die Eroberung ukrainischer Gebiete stetig an. Bislang hatte Russlands Feldzug laut dem russischen Oppositionsmedium Meduza mindestens 500.000 Mann gekostet, darunter 120.000 Tote und rund 380.000 Verletzte. Im Durchschnitt kommen laut Auswertungen von Meduza täglich 200 bis 250 Tote hinzu. Auch das Lebensalter der eingesetzten Truppen wird zunehmend geringer. Damit dürfte das informelle Verbot des Einsatzes von Grundwehrdienern an der Front wohl endgültig der Vergangenheit angehören.
•gestern
•gestern
28.07.2024
Die hohen Verluste scheinen allerdings Moskau keinesfalls zum Einlenken zu bewegen. Wie die NZZ festhielt, seien die meisten der von Russland eroberten Orte im Donbas „menschenleere Ruinenlandschaften ohne strategische Bedeutung“. Dennoch sei der Kreml bereit, Hunderte von Soldaten auch für kleinste Eroberung zu opfern. Allerdings so erschreckend Russland Verluste auch sein mögen, bleiben die russischen Eroberungen nicht ohne Bedeutung. Denn das stete Vorrücken Putin’scher Truppen versetzt die ukrainischen Verteidigungskräfte unter ständigen Druck und bleibt auch für die Kampfmoral der ukrainischen Truppen mit Sicherheit nicht ohne Spur. Denn schließlich gelang es Russland nach den Misserfolgen der Charkiw-Offensive im Donbas, das strategische Kriegsmomentum zu eigenen Gunsten zu wenden.
Der Zeitfaktor sowie das Streben nach schnellen Gebietszugewinnen, wie beispielsweise bei der Eroberung Awdijiwkas im Vorfeld der russischen Präsidentschaftswahlen, scheinen aktuell keine zentrale Rolle für Moskau zu spielen. Und dennoch rückt Moskau stetig voran. Mit der Offensive im Donbas setzt Russland die ukrainischen Verteidigungskräfte enorm unter Druck und versucht diese nach einem treffenden Sinnbild von Oberst des Generalstabes Dr. Markus Reisner, eines führenden österreichischen Militärexperten, in einen dreifachen Abwehrkampf zu verwickeln: unter der Erde, in der Luft und an der Oberfläche.
Die russischen Besatzungstruppen wissen nämlich die unterirdischen Stollen und Betonrohrleitungen, die die Bergbaugebiete des Donbas........