Die Finanzaufsicht schlingert. Der Chef tritt ab, mehrere hochrangige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter folgen ihm und verlassen innerhalb von kurzer Zeit die Behörde.
Gemäss Recherchen dieser Redaktion hängt das mit dem Führungsstil der Finma-Präsidentin Marlene Amstad zusammen. Sie mische sich zu stark ins Tagesgeschäft ein, so der Vorwurf. Aber auch damit, dass die Behörde so konstruiert wurde, dass sie im Krisenfall wenig ausrichten kann. Der Verwaltungsrat ist mit verdienten Akademikern und Versicherungsexperten bestückt, denen aber die Grossbankenkenntnisse fehlen. Verständlich ist auch, dass die letzten Monate mit dem Untergang der Credit Suisse für die Verantwortlichen der Finma belastend waren. Sodass sie nun, da die Geschäfte wieder etwas ruhiger sind, die Gelegenheit nutzen, sich einen neuen Job zu suchen.
Der Exodus an der Spitze der wichtigen Behörde ist brandgefährlich.
Der Exodus an der Spitze der wichtigen Behörde ist brandgefährlich. Besonders in der jetzigen Phase, in der es darum geht, die Lehren aus dem Untergang der Credit Suisse zu ziehen und die neue Monsterbank UBS zu bändigen. Dafür braucht es eine Aufsicht, die mit der Grossbank auf Augenhöhe agiert – und nicht mit sich selbst beschäftigt ist, weil die besten Leute abspringen.
Warum greift da Bundesrätin Karin Keller-Sutter nicht ein? Die Finma ist an ihr Finanzministerium angehängt. Sie müsste doch ein Interesse daran haben, den Brandherd möglichst rasch zu löschen. Das hat sie bislang nicht gemacht. Was laut ihrem Departement daran liegt, dass das Finanzministerium wenig Möglichkeiten hat, um auf die Finma einzuwirken. Der Bundesrat kann sich etwa mit der Finma-Spitze austauschen oder einen Verwaltungsrat bei einem krassen Fehlverhalten absetzen.
Dabei hätte der Bundesrat ein gutes Instrument, um den Vorgängen bei der Finma auf den Grund zu gehen. Immer wieder lancieren Bundesräte eine Administrativuntersuchung. Dabei untersucht eine externe Stelle, zum Beispiel ein Anwaltsbüro, einen konkreten Vorgang. Das gab es beispielsweise beim Datenabfluss der IT-Firma Xplain, einem Lieferanten der Bundesverwaltung. Wäre nicht bei der Finma eine solche Untersuchung angezeigt? So liesse sich herausfinden, was tatsächlich das Problem ist und wie es gelöst werden könnte.
Nur ist laut dem Departement auch hier bei der Finma die Hürde besonders hoch. So kann die Bundesrätin bei der Finma erst eine Administrativuntersuchung in Auftrag geben, wenn die Aufsichtstätigkeit nicht mehr möglich ist oder zumindest die Gefahr besteht, dass es so weit kommen könnte. Also wenn die Finma ihren Job nicht mehr erledigen kann. So weit ist es zum Glück noch nicht – aber wollen wir wirklich, dass es so weit kommen kann?
Sogar bei der UBS sorgt die aktuelle Lage der Finanzmarktaufsicht für Stirnrunzeln. UBS-Chef Sergio Ermotti hat immer wieder betont, dass es für Schweizer Banken, die im Ausland geschäften, ein Vorteil ist, wenn sie zu Hause eine glaubwürdige Aufsicht im Nacken haben. Klar ist aber auch, dass eine starke Finma von der Bank begrüsst wird, weil sie im Gegensatz zu dickeren Eigenkapitalpolstern wenig kostet.
Hoffnung besteht, dass die parlamentarische Untersuchungskommission zum Untergang der CS Aufschluss darüber gibt, wie die Finma gestärkt werden kann. Doch ist zu befürchten, dass die Ergebnisse der Untersuchung kaum noch Folgen haben werden, wenn sie dann im nächsten Jahr vorliegen.
Immerhin hat das Finanzministerium eine andere Baustelle geschlossen. Denn für den Finanzplatz ist nicht nur die Finma wichtig, sondern auch die Schweizerische Nationalbank. Dort wurde endlich eine Lücke auf der Chefetage besetzt. Seit dem Abgang der Westschweizerin Andrea Maechler auf Ende Juni blieb der dritte Direktoriumsposten vakant. Für ihre Nachfolge wurde eine Frau aus der lateinischen Schweiz gefordert. Mit der Wahl des Waadtländers Antoine Martin wurde aber nur eine dieser beiden Forderungen erfüllt.
Richtig ist, dass mit dem Luzerner Finanzprofessor Andreas Dietrich und dem Genfer Privatbankier Renaud de Planta zwei Kenner des Finanzplatzes in den Bankrat gewählt wurden. Dieser überwacht das SNB-Direktorium. Die beiden verfügen über das notwendige Branchenwissen, das dem Gremium guttut. Und es wäre auch beim Finma-Verwaltungsrat willkommen.
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Frau Keller-Sutter, übernehmen Sie!
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23.09.2023
Die Finanzaufsicht schlingert. Der Chef tritt ab, mehrere hochrangige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter folgen ihm und verlassen innerhalb von kurzer Zeit die Behörde.
Gemäss Recherchen dieser Redaktion hängt das mit dem Führungsstil der Finma-Präsidentin Marlene Amstad zusammen. Sie mische sich zu stark ins Tagesgeschäft ein, so der Vorwurf. Aber auch damit, dass die Behörde so konstruiert wurde, dass sie im Krisenfall wenig ausrichten kann. Der Verwaltungsrat ist mit verdienten Akademikern und Versicherungsexperten bestückt, denen aber die Grossbankenkenntnisse fehlen. Verständlich ist auch, dass die letzten Monate mit dem Untergang der Credit Suisse für die Verantwortlichen der Finma belastend waren. Sodass sie nun, da die Geschäfte wieder etwas ruhiger sind, die Gelegenheit nutzen, sich einen neuen Job zu suchen.
Der Exodus an der Spitze der wichtigen Behörde ist brandgefährlich.
Der Exodus an der Spitze der wichtigen Behörde ist brandgefährlich. Besonders in der jetzigen Phase, in der es darum geht, die Lehren aus dem Untergang der Credit Suisse zu........
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