Eine Mehrheit der russischen Bevölkerung steht fest hinter Präsident Wladimir Putin. Weshalb lässt er dann die Wahlen so offensichtlich manipulieren?

Russland-Kenner sind sich weitgehend einig: Wären die Präsidentschaftswahlen frei und demokratisch durchgeführt worden, hätte Wladimir Putin immer noch mit rund 60 Prozent der Stimmen seine Wiederwahl geschafft. Mit den vielen belegten Manipulationen im Vorfeld und während der dreitägigen Propagandaveranstaltung ist es jetzt – wen wundert’s? – das vom Kreml vorgegebene, völlig unglaubwürdige Super-Ergebnis von fast 90 Prozent Zustimmung geworden.

Da stellt sich die Frage, wieso Putin dann nicht frei wählen lässt, was seiner internationalen Reputation zugutekäme. Simple Antwort: weil dies der Logik seines Herrschaftssystems widersprechen würde. Nach bald 25 Jahren an der Macht ist der Ex-KGB-Offizier gerade durch seine immer gnadenlosere Repression in die Position gekommen, ungestraft einen Angriffskrieg gegen ein fremdes Land entfesseln zu dürfen, ohne dass sich die Bevölkerungsmehrheit gegen ihn auflehnt.

An dieser deprimierenden Erkenntnis ändern auch die mutigen Proteste am Sonntag von Tausenden Russinnen und Russen nichts.

Gemessen an der Bevölkerungszahl stellen diese eine verschwindend kleine Splittergruppe dar. Der dänische Analyst Anders Puck Nielsen hat deshalb verschiedentlich vorgeschlagen, den «Eisernen Vorhang» der russischen Inland-Propaganda durch eine westliche Informationsoffensive via soziale Medien zu durchbrechen. Damit sollen grössere Teile der Bevölkerung von der Korruption, Unterdrückung und unrechtmässigen Kriegsführung in der Ukraine überzeugt werden.

Am Erfolg einer solchen westlichen Informationsoffensive darf getrost gezweifelt werden. Die jüngsten Wahlen, aber auch die vergangenen Jahre seit dem Überfall auf die Ukraine beweisen, dass sich die Bevölkerungsmehrheit schlicht mit dem System Putin abgefunden hat.

Für den Westen bedeutet dies, nicht auf einen Wandel von innen zu hoffen, sondern seine Abwehr-Strategie auf einem immer älter werdenden Autokraten auszurichten, der in Russland stets nach Belieben schalten wird.