Am Freitag, den 10.11.2023 um 12 Uhr ct im Raum KL 25/134 findet die nächste Sitzung des Studierendenparlaments der FU Berlin statt. Wir veröffentlichen unseren Antrag und rufen alle Studierenden der FU dazu auf die Sitzung des Parlaments kritisch zu begleiten.

Gegen Repression, rassistische Hetze und selektive Menschlichkeit: Solidarität mit Gaza und dem palästinensischen Widerstand!

Das Studierendenparlament möge beschließen und von der Freien Universität Berlin fordern:
-Psychologische Beratung und Unterstützung für jüdische und palästinensische Menschen kostenlos zur Verfügung zu stellen
-Verlängerung der Fristen für Hausarbeiten und Prüfungen für Menschen, die von der aktuellen Situation betroffen sind zu ermöglichen
-Ein weiteres öffentliches Statement zu verfassen, in welchem:
Israels Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Israels Verstöße gegen das Völkerrechts öffentlich verurteilt werden
die Verbote palästinasolidarischer Demonstrationen verurteilt werden und sich gegen kommende Demoverbote positioniert wird; in diesem Zuge außerdem die Auflösung der Gedenkkundgebung an Yousef Shaban an der Universität Kassel öffentlich verurteilt wird
-sich gegen den aktuellen Rechtsruck und die Verschärfung des Asylrechts gestellt wird und sich stattdessen für den Stopp aller Abschiebungen und für ein Bleiberecht für alle einzusetzen
-für einen Stopp deutscher Waffenexporte an den israelischen Staat eingesetzt wird
-Israel dazu aufgefordert wird sich vollständig aus Gaza zurückzuziehen und sämtliche Angriffe zu stoppen
-die völkerrechtswidrige Besatzung in Ost-Jerusalem durch die Hebrew University angeklagt wird

Darüber hinaus fordert das Studierendenparlament vom AStA sich ebenfalls zu den aktuellen Geschehnissen zu positionieren und ein Statement mit den gleichen Inhalten zu verfassen, die auch in der Forderung an die Freie Universität aufgelistet sind. Wir fordern den AStA auf, eine Vollversammlung einzuberufen, um mit allen Studierenden darüber zu diskutieren, wie wir Solidarität mit Palästina an der Uni aufbauen können.

Begründung:

In Gaza, das unter der kolonialen Machtstellung Israels in das größte Freiluftgefängnis der Welt verwandelt wurde, begeht das israelische Militär aktuell einen Genozid an der palästinensischen Bevölkerung. Die Ermordung von Tausenden Palästinenser:innen, davon viele Kinder, ist mit keiner fadenscheinigen Berufung auf „Selbstverteidigung“ zu rechtfertigen. Die Kriegsverbrechen des israelischen Militärs zeigen, dass es um die Auslöschung und Vertreibung der Palästinenser:innen als solche geht. Trotz Recherchen von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen, die die Bombardierungen von ziviler und gesundheitlicher Infrastruktur, die völkerrechtswidrige Blockade des Gazastreifens und die Massaker, die sowohl in Gaza als auch in anderen besetzten Regionen geschehen, als Kriegsverbrechen bloßstellen, schweigen Parteien und wichtige Institutionen des Deutschen Staates zum Vorgehen Israels.

Gleichzeitig protestieren weltweit Millionen Menschen verschiedenster Nationalitäten und Glaubensrichtungen gegen den Krieg in Gaza. Während alleine in Berlin am vergangenen Wochenende mindestens 15.000 Menschen auf der Straße waren, protestierten in London mehrere Hunderttausend Menschen in Solidarität mit Palästina. In den USA blockierten hunderte jüdische Aktivist:innen der „Jewish Voice for Peace“ an mehreren Stellen des Landes und blockierten den wichtigsten Bahnhof in New York in der größten Aktion zivilen Ungehorsams seit dem Irak-Krieg. In Belgien weigern sich die Transportgewerkschaften Flugzeuge abzufertigen, die mit Waffenlieferungen nach Israel ausgestattet sind. In Neapel haben Studierende ein Uni-Gebäude besetzt in Solidarität mit Palästina. Sie wollen damit die Diskussion in die Unis tragen und die Uni dazu bringen, den Genozid und die Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen. Dies sind nur einige wenige Beispiele der massiven Welle an Solidarität mit Palästina, die wir in den letzten Tagen und Wochen beobachten konnten.

Währenddessen vollzieht sich in Deutschland eine beispiellose rassistische Hetze und Repression, die sich unter dem vorgeschobenen Banner des “importierten Antisemitismus” gegen all jene richtet, die das Vorgehen Israels kritisieren. Die Gleichsetzung von Kritik am israelischen Staat oder an der Ideologie des Zionismus mit Antisemitismus hilft nicht im Kampf gegen Antisemitismus, sondern weicht dessen Definition auf eine Weise auf, die den Kampf gegen wirkliche Antisemit:innen erschwert. Tatsächliche antisemitische Angriffe, die sich momentan im Schatten der Solidaritätsbewegung mit Palästina vollziehen, sind ohne wenn und aber abzulehnen. Wir denken dabei an Angriffe, wie wir sie im versuchten Brandanschlag auf eine jüdische Gemeinde in Berlin oder am jüdischen Teil des Friedhofs in Wien sehen mussten. Diese Taten haben in ihrem Kern nichts mit der aktuellen Lage in Gaza, der Politik der Israelischen Regierung oder der Befreiung der Palästinenser:innen zu tun, sondern Stellen einen Angriff auf jüdisches Leben dar, den wir entschieden ablehnen. Nichtsdestotrotz sehen wir auch, dass palästinensische und Palästina-solidarische Stimmen reihenweise stummgestellt werden und ihre gerechtfertigte Wut, Trauer und Angst als illegitim dargestellt und als antisemitisch gebrandmarkt wird. Das hat ironischerweise nicht nur direkte Unterdrückung von palästinensischen, arabischen und muslimischen Menschen zur Folge, sondern verhindert auch die Bekämpfung der Ursachen des echten Antisemitismus, der sicherlich kein „importiertes“ Phänomen ist.

Die Mär des importierten Antisemitismus ist im Land des Nationalsozialismus ein gefährlicher Vorwand, der vertuscht, wie Antisemitismus in Deutschland zutiefst verwurzelt ist, angefangen mit der fehlenden Aufarbeitung und Verurteilung der NS-Kriegsverbrecher und Kollaborateure im Staat, über die faschistischen Netzwerke in den sogenannten Sicherheitsbehörden bis hin zu rechtsradikalen und neofaschistischen Organisdationen und Parteien. Die Aiwanger-Affäre hat gezeigt, wie Antisemitismus im rechtskonservativen Spektrum relativiert wird, wenn er von Deutschen ausgeht, und im Gegenzug sogar zu steigender Popularität führen kann. Gleichzeitig nimmt die rassistische Hetze eine neue Dimension ein. Migration und Flucht sollen noch tiefer kriminalisiert werden und es wird gar darüber debattiert, ob Migrant:innen nicht ihre doppelte Staatsbürgerschaft entzogen und Familiennachzug für Geflüchtete eingeschränkt werden soll. Palästinenser:innen in Deutschland müssen nicht nur tagtäglich um ihre Angehörigen bangen und trauern, sie dürfen oft ihre Meinung nicht kundtun, wie wir es in Berlin mit den multiplen Demonstrationsverboten gesehen haben. An der Universität Kassel wurde gar eine Gedenkfeier für den von einem Bombenanschlag in Gaza ermordeten palästinensischen Studenten Yousef Shaban von der Rektorin beendet und die Polizei gerufen.

In ihrem Statement vom 09. Oktober solidarisierte sich die Freie Universität mit allen ihren israelischen Koorperationspartnern. Zu diesen gehört die Hebrew University of Jerusalem. Die Universität stand in den vergangenen Jahren immer wieder unter massiver Kritik für die Diskriminierung palästinensischer Studierender, aber auch von jüdischen und internationalen Studierenden, welche öffentlich den israelischen Staat kritisieren. 1968 besetzte die Hebrew University of Jerusalem unrechtmäßig einen beträchtlichen Teil des Geländes, auf dem ihr Mount Scopus Campus und ihre Wohnheime gebaut sind. Dieses Land ist Teil von Ost-Jerusalem, das nach internationalem Recht durch Israel illegal besetzt ist.

Die FU Berlin hat seit Beginn des Kriege versäumt, sich mit den palästinensischen Opfern in Gaza oder mit ihren Angehörigen hier zu solidarisieren. Stattdessen hat sie ihre Integrität als „freie“ wissenschaftliche Institution verraten und sich einseitig auf die Seite der israelischen Opfer gestellt. Stattdessen ist allerdings eine Verurteilung aller zivilen Opfer und eine klare Positionierung in Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand nötig, da alles andere die Gewalt der Unterdrücker und der Unterdrückten gleichsetzt. Während auch wir die Massaker der Hamas an der israelischen Zivilbevölkerung verurteilen, stehen dieses Terroraktionen in keinem Verhältnis zum Völkermord, der gerade mit der geballten Staatsmacht Israels und mit Hilfe der westlichen Imperialismen durchgeführt wird. Es ist auch klar: Wer Gräueltaten wie die der Hamas verhindern will, muss sich gegen die israelische Besatzung stellen.

Der AStA hat bisher gar kein Statement zum Genozid in Gaza veröffentlicht. Auf Grundlage der oben geschilderten Lage in den Kriegsgebieten und der genozidalen Politik des israelischen Staates, fordern wir sowohl von dem Präsidium der Freien Universität, als auch vom AStA, dass die Nichtbeachtung bzw. das Schweigen zum Leid der Palästinenser:innen endlich gebrochen wird. Wie geschildert wurde, gibt es eine riesige Bewegung in Solidarität mit den Menschen in Palästina, die weltweit abermillionen Menschen auf die Straße bringen konnte. Es ist Zeit, dass wir auch an unserer Universität die Stimmen gegen Genozid und Besatzung laut werden lassen.

Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile hat er AStA ein Statement veröffentlicht, welches hier zu lesen ist. Das Statement wurde erst nach Antragsschluss veröffentlicht.

Wir finanzieren unsere Arbeit (also Serverkosten, Technik, Druckausgaben, etc.) ausschließlich aus Spenden, um unsere politische Unabhängigkeit beizubehalten. Wir wollen uns nicht einschränken lassen, durch Förderrichtlinien oder Parteigelder. Und natürlich sind alle unsere Inhalte, wie Videoproduktionen oder Podcasts, kostenlos zugänglich. Dafür brauchen wir eure Unterstützung.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentar *

Name *

E-Mail *

Website

Δ

Angesichts des israelischen Massakers in Gaza finden weltweit so große Antikriegsproteste wie seit 20 Jahren nicht mehr statt. Die Palästina-Solidarität ...

QOSHE - Die Solidarität mit Palästina in das Stupa der FU bringen - Redaktion
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Die Solidarität mit Palästina in das Stupa der FU bringen

4 0
08.11.2023

Am Freitag, den 10.11.2023 um 12 Uhr ct im Raum KL 25/134 findet die nächste Sitzung des Studierendenparlaments der FU Berlin statt. Wir veröffentlichen unseren Antrag und rufen alle Studierenden der FU dazu auf die Sitzung des Parlaments kritisch zu begleiten.

Gegen Repression, rassistische Hetze und selektive Menschlichkeit: Solidarität mit Gaza und dem palästinensischen Widerstand!

Das Studierendenparlament möge beschließen und von der Freien Universität Berlin fordern:
-Psychologische Beratung und Unterstützung für jüdische und palästinensische Menschen kostenlos zur Verfügung zu stellen
-Verlängerung der Fristen für Hausarbeiten und Prüfungen für Menschen, die von der aktuellen Situation betroffen sind zu ermöglichen
-Ein weiteres öffentliches Statement zu verfassen, in welchem:
Israels Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Israels Verstöße gegen das Völkerrechts öffentlich verurteilt werden
die Verbote palästinasolidarischer Demonstrationen verurteilt werden und sich gegen kommende Demoverbote positioniert wird; in diesem Zuge außerdem die Auflösung der Gedenkkundgebung an Yousef Shaban an der Universität Kassel öffentlich verurteilt wird
-sich gegen den aktuellen Rechtsruck und die Verschärfung des Asylrechts gestellt wird und sich stattdessen für den Stopp aller Abschiebungen und für ein Bleiberecht für alle einzusetzen
-für einen Stopp deutscher Waffenexporte an den israelischen Staat eingesetzt wird
-Israel dazu aufgefordert wird sich vollständig aus Gaza zurückzuziehen und sämtliche Angriffe zu stoppen
-die völkerrechtswidrige Besatzung in Ost-Jerusalem durch die Hebrew University angeklagt wird

Darüber hinaus fordert das Studierendenparlament vom AStA sich ebenfalls zu den aktuellen Geschehnissen zu positionieren und ein Statement mit den gleichen Inhalten zu verfassen, die auch in der Forderung an die Freie Universität aufgelistet sind. Wir fordern den AStA auf, eine Vollversammlung einzuberufen, um mit allen Studierenden darüber zu diskutieren, wie wir Solidarität mit Palästina an der Uni aufbauen können.

Begründung:

In Gaza, das unter der kolonialen Machtstellung Israels in das größte Freiluftgefängnis der Welt verwandelt wurde, begeht das israelische Militär aktuell einen Genozid an der palästinensischen Bevölkerung. Die Ermordung von Tausenden Palästinenser:innen, davon viele Kinder, ist mit keiner fadenscheinigen Berufung auf „Selbstverteidigung“ zu rechtfertigen. Die Kriegsverbrechen des israelischen........

© Klasse Gegen Klasse


Get it on Google Play