Ayal Margolin/IMAGO/Xinhua

In Bereitschaft an Libanons Grenze: Israelische Soldaten an Bord eines »Merkava«-Panzers (23.10.2023)

An diesem Dienstag, dem 12. Dezember, ist der 67. Tag des Krieges im Gazastreifen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza vom Montag wurden seit Kriegsbeginn 18.000 Einwohnerinnen und Einwohner getötet, weitere 50.000 Menschen verletzt. Diese Zahlen trennen nicht zwischen Kämpfern der Hamas und anderer Widerstandsorganisationen einerseits und Nichtkombattanten (Zivilisten) andererseits. Die israelische Tageszeitung Haaretz berechnete am Montag aufgrund von Studien israelischer Sicherheitsstellen, dass 61 Prozent der im Gazastreifen von den Israelis Getöteten Zivilisten gewesen seien – der höchste Anteil in allen Feldzügen der israelischen Streitkräfte (IDF) gegen die Palästinenser, aber wahrscheinlich trotzdem zu niedrig geschätzt.

Im besetzten Westjordanland töteten Soldaten der IDF und straflos mordende Siedlerbanden nach Angaben aus Gaza und Ramallah seit Kriegsbeginn 275 Palästinenser und verletzten 3.365. Die israelische Seite eskaliert dort ihr Vorgehen.

Die Zahl der getöteten Israelis seit Kriegsbeginn geben die IDF für die Überfälle palästinensischer Kampforganisationen am 7. Oktober mit 859 Nichtsoldaten (darunter 57 Polizisten und 38 Angehörige örtlicher Einsatzkräfte) und 274 Soldaten wieder. Während der Bodenoffensive im Gazastreifen, die am 27. Oktober begann, wurden bis Montag mittag 104 Soldaten getötet oder verunglückten – also nicht einmal halb so viele wie während des palästinensischen Überraschungsangriffs am 7. Oktober an einem einzigen Tag.

Wie geht es weiter? Nach Einschätzung der IDF wird es noch mindestens zwei Monate dauern, bis »die erste Phase« dieses Krieges abgeschlossen ist. Danach sei aber mit mehreren Monaten »Kleinkrieg« zu rechnen. Schon nach der »ersten Phase« im Gazastreifen werden die IDF vermutlich offensiv gegen die schiitische Hisbollah im Libanon vorgehen, wie Israels Nationaler Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi am Sonnabend erläuterte. Zwischen Israel und Hisbollah gibt es seit Kriegsbeginn einen militärischen Schlagabtausch, bei dem auch Israelis getötet oder verletzt werden. Diese Lage könne nicht mehr lange fortbestehen, sagte Hanegbi. Falls keine »diplomatische Lösung« möglich sei, müsse Israel »mit Beirut machen, was wir mit Gaza gemacht haben«, drohte Premierminister Benjamin Netanjahu am Wochenende. Unter »Diplomatie« versteht Israel, das ist nun wieder von Hanegbi, als Minimum, dass Hisbollah ihre Truppen 30 Kilometer von der Grenze zurückzieht und die Angriffe einstellt. Danach würde mit Sicherheit nachgefordert.

Der Krieg im Gazastreifen geht also zeitlich unbegrenzt weiter, und Israel wird ihn in nicht ferner Zukunft auf den Libanon ausweiten. Seitens der USA und ihrer europäischen Verbündeten braucht Netanjahu keine praktischen Nachteile zu befürchten. Keine guten Voraussetzungen für Friedenswünsche.

QOSHE - Morgen der Libanon - Knut Mellenthin
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Morgen der Libanon

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11.12.2023

Ayal Margolin/IMAGO/Xinhua

In Bereitschaft an Libanons Grenze: Israelische Soldaten an Bord eines »Merkava«-Panzers (23.10.2023)

An diesem Dienstag, dem 12. Dezember, ist der 67. Tag des Krieges im Gazastreifen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza vom Montag wurden seit Kriegsbeginn 18.000 Einwohnerinnen und Einwohner getötet, weitere 50.000 Menschen verletzt. Diese Zahlen trennen nicht zwischen Kämpfern der Hamas und anderer Widerstandsorganisationen einerseits und Nichtkombattanten (Zivilisten) andererseits. Die israelische Tageszeitung Haaretz berechnete am Montag aufgrund von Studien israelischer Sicherheitsstellen, dass 61 Prozent der im Gazastreifen von den Israelis Getöteten Zivilisten........

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