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Abstimmung auf dem SPD-Parteitag 2023 in Berlin

Die SPD wurde 1990 fast funktionslos. Zuvor sorgte sie maßgeblich dafür, dass die BRD sozialpolitisch tapeziert wurde, wobei die Existenz des realen Sozialismus hilfreich war. Die Partei sorgte seit den 50er Jahren für Ruhe im Land, wenn die Empörung über den Kriegskurs gegen die Sowjetunion überschwappte und die USA allzu offenherzig Westeuropa als atomares Schlachtfeld behandelten.

1998 gelangte die SPD wieder in die Bundesregierung und blieb dort bis heute, mit einer Unterbrechung von 2009 bis 2013. Das lässt darauf schließen, dass sie für die westlichen Führungsmächte und fürs deutsche Kapital einen Nutzen hat. Nach innen lässt sich der mit den »Hartz«-Gesetzen und der Etablierung des »größten Niedriglohnsektors in Europa« (Gerhard Schröder 2005) umreißen, außenpolitisch mit der tatkräftigen Unterstützung der Mitte der 90er Jahre beschlossenen NATO-Expansion Richtung Osten sowie der Mitwirkung beim Bombardieren Jugoslawiens und Afghanistans. Bei diesen Angriffskriegen mit antirussischen Komponenten sorgte die SPD zusammen mit Bündnis 90/Die Grünen dafür, dass es hierzulande nicht zu »bürgerkriegsähnlichen Zuständen« kam – so die dankbare FAZ 1999. Zugleich baute die SPD die wirtschaftliche Kooperation mit Russland aus. Die Kombination von Stagnation und sogar Rückgang der deutschen Reallöhne plus billigem Öl und Gas half der BRD, die Weltwirtschaftskrise rasch zu überwinden. Sie baute den Abstand zu Frankreich und Großbritannien in der Wirtschaftsleistung kräftig aus.

2014 unterwarf sich die Regierung aus CDU/CSU und SPD allerdings dem Schwenk der USA in der Russlandpolitik und unterstützte nach kurzem Zögern die von Washington installierte rechte Putschistenclique in Kiew und deren Krieg gegen die eigene Bevölkerung im Donbass. Die Kooperation mit Moskau reduzierte sich mehr und mehr auf Energieimport, die Kündigung aller Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge durch Washington wurde mitgetragen ebenso wie der Rückgriff der NATO auf die atomare Erstschlagsdoktrin.

Der Berliner SPD-Parteitag hat am Wochenende die damit vorbereiteten Schlussfolgerungen besiegelt, die beim Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 aktiviert wurden: Die SPD bietet an, nach innen die Umstellung auf nicht fossile Energien ohne soziale Erschütterungen zu bewältigen, nach außen will sie an der Spitze einer »souveränen« – es ist das meistgebrauchte Attribut im außenpolitischen Beschluss – EU insbesondere Russland bis hin in den Südkaukasus entgegentreten und letztlich einkreisen. Gemeint sind Militarisierung und Absage an die Formel des 2015 verstorbenen Egon Bahr, dass die USA unverzichtbar seien, Russland unverrückbar. Letzteres gilt nicht mehr, das ist der Inhalt der »Zeitenwende«: dessen Zerfall. Es sei »Zeit«, heißt es nun mit Blick auf Putin und Trump, dass Deutschland »Führung zeigt«. Davon hatte die Welt genug.

QOSHE - Deutsche Führungspartei - Arnold Schölzel
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Deutsche Führungspartei

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10.12.2023

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Abstimmung auf dem SPD-Parteitag 2023 in Berlin

Die SPD wurde 1990 fast funktionslos. Zuvor sorgte sie maßgeblich dafür, dass die BRD sozialpolitisch tapeziert wurde, wobei die Existenz des realen Sozialismus hilfreich war. Die Partei sorgte seit den 50er Jahren für Ruhe im Land, wenn die Empörung über den Kriegskurs gegen die Sowjetunion überschwappte und die USA allzu offenherzig Westeuropa als atomares Schlachtfeld behandelten.

1998 gelangte die SPD wieder in die Bundesregierung und blieb dort bis heute, mit einer Unterbrechung von 2009 bis 2013. Das lässt darauf schließen, dass sie für die westlichen Führungsmächte und fürs deutsche Kapital einen Nutzen hat. Nach innen lässt sich der........

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