Stand: 22.02.2024, 17:28 Uhr

Von: Jan Christian Müller

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Das Investoren-Aus beim DFL zeigt: Fans und Management leben in zwei sehr verschiedenen Fußballwelten. Das Gesetz des Geldes aber besteht fort.

Es hat ordentlich gerumst im deutschen Profifußball. Hätte die Deutsche Fußball-Liga (DFL), die den Bundesligafußball steuert, weiter auf stur geschaltet und einen weit über die Fankurven hinaus heftig kritisierten Milliardendeal mit einem externen Investor versucht, durchzupeitschen, wären Spielabbrüche nicht mehr fern gewesen. Dieses Szenario wäre nicht heilbar gewesen. Es hätte das ganze System des Wettbewerbs ins Wanken gebracht. Dieser größte anzunehmende Unfall musste unbedingt verhindert werden.

Da rasten zwei Züge aufeinander zu, von denen einer dringend abgebremst gehörte, auch wenn das jetzt den Alphatieren im Führerhaus des DFL-Präsidiums als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden könnte. Gut, dass sie eingesehen haben: Diese Machtprobe hat die DFL haushoch verloren. Vor allem deshalb, weil sie die Dynamik völlig falsch einschätzte und schließlich nicht nur von den Ultras auf den Stehrängen gestoppt wurde, sondern auch von einer kippenden öffentlichen Meinung und einer Vielzahl der Vereine.

Die fühlten sich in der aufgewühlten Gemengelage zunehmend unwohl und knickten ein. Auch aufgrund der Befürchtung, im ausgebrochenen Kulturkampf die Marke Bundesliga derart in Mitleidenschaft zu ziehen, dass selbst die fettesten Investoren-Milliarden den Schaden nicht mehr hätten reparieren können.

Das Gerenne um immer mehr Kapital, das wie kaum in einem anderen Business weltweit mehr denn je in den Profifußball gepumpt wird, hört damit natürlich nicht auf. Es ist hierzulande nur ein bisschen abgebremst worden. Aber die internationalen Verbände Uefa und Fifa mit ihrem ungezügelten Wachstumshunger werden weiter an den besten Bundesligavereinen und ihren wenigen noch verbliebenen Stars ziehen und zerren. Die Bundesliga gerät schon seit Jahren ins Hintertreffen.

Deshalb wollte die DFL ihr Geschäft mit der Milliarde aus externem Investorenkapital aufpampern. Damit sollte die gerade international recht gräuliche Bundesliga hell erstrahlen. Neue Märkte in Übersee sollten mit einer eigenen digitalen Bundesligaplattform erschlossen werden, Kameras im Mannschaftsbus vor den Spielen und Kabineninterviews mit verschwitzten Profis danach sollen schon sehr bald mehr Nähe vermitteln. Die Social-Media-Aktivitäten sollen forciert werden, um junge Zielgruppen nicht noch mehr zu verlieren, als das ohnehin der Fall ist.

Jetzt ist guter Rat teuer: Wenn kein Geld in die Hand genommen wird, so die Befürchtung aller Klubs, wird die Bundesliga nicht nur hinter England weiter zurückfallen, sondern auch hinter Spanien und Italien. Aber billiges Geld bei Banken gibt es nicht, und eine Milliarde Euro aus eigener Tasche, das trauen sich die meisten Bundesligisten nicht zu. Einige befinden sich nach den Corona-Untiefen ohnehin in Schieflage, haben ihre künftigen Einnahmen bereits verpfändet oder sich teuer Geld über Anleihen geliehen und ein veritables Liquiditätsproblem.

Hinzu kommt nun durch diesen völlig verkorksten Investorenprozess ein massiv angekratztes Image, das wenig förderlich dabei sein dürfte, in diesem Frühjahr die TV- und Streamingrechte meistbietend zu versteigern. Schon beim letzten Mal waren die jährlichen Einnahmen aus nationalen Medienerlösen im Zuge der Pandemie um zehn Prozent auf 1,1 Milliarden Euro pro Saison geschrumpft, der globale Verkauf von Bundesliga-Bewegtbildern gar um 20 Prozent von 250 Millionen auf 200 Millionen Euro eingebrochen.

Das sind keine guten Entwicklungen, denen man mit der Einbindung eines Investors eigentlich begegnen wollte. Ligaboss Hans-Joachim Watzke wirkt entsprechend desillusioniert. Der einflussreichste Mann im deutschen Fußball sieht gerade verdächtig danach aus, als könnte er auf den vielen Ärger, den er sich mit Übernahme des Aufsichtsratsmandats der DFL aufgeladen hat, getrost verzichten.

Getrost verzichten können die Abonnent:innen von Profifußball-Bezahlangeboten aber auch auf weiter steigende Preise der Anbieter Sky und Dazn, weshalb der Fanprotest auch als Botschaft ans Estabilishment verstanden werden sollte, das Rad nicht zu überdrehen. Das gilt auch vielerorts für die Tickets. Mitunter kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, mancher Manager befände sich in einer gefährlich isolierten Blase. Wenn Watzke vorgibt, in Deutschland könne sich „die ganze Gesellschaft die Bundesliga leisten“, ist das eine sehr selektive Wahrnehmung. Denn die Verhältnisse, sie sind nicht so.

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Schwere Schramme für den DFL

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22.02.2024

Stand: 22.02.2024, 17:28 Uhr

Von: Jan Christian Müller

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Das Investoren-Aus beim DFL zeigt: Fans und Management leben in zwei sehr verschiedenen Fußballwelten. Das Gesetz des Geldes aber besteht fort.

Es hat ordentlich gerumst im deutschen Profifußball. Hätte die Deutsche Fußball-Liga (DFL), die den Bundesligafußball steuert, weiter auf stur geschaltet und einen weit über die Fankurven hinaus heftig kritisierten Milliardendeal mit einem externen Investor versucht, durchzupeitschen, wären Spielabbrüche nicht mehr fern gewesen. Dieses Szenario wäre nicht heilbar gewesen. Es hätte das ganze System des Wettbewerbs ins Wanken gebracht. Dieser größte anzunehmende Unfall musste unbedingt verhindert werden.

Da rasten zwei Züge aufeinander zu, von denen einer dringend abgebremst gehörte, auch wenn das jetzt den Alphatieren im Führerhaus des DFL-Präsidiums als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden könnte. Gut, dass sie eingesehen haben: Diese Machtprobe hat die DFL haushoch verloren. Vor allem deshalb, weil sie die Dynamik völlig falsch einschätzte und schließlich nicht nur........

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